Dieses Positionspapier resultiert aus meinem jüngsten kritischen Beitrag über unsere „Furchtbare Juristen“
Einleitung
Die deutsche Justiz genießt in der öffentlichen Wahrnehmung traditionell einen hohen Stellenwert. Sie gilt/galt als Garant für Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Demokratie. Doch unter der Oberfläche zeigt sich ein anderes Bild: strukturelle Abhängigkeit, politische Einflussnahme, bürgerfernes Verhalten und ein eklatantes Reformdefizit.
Die Erfahrungen der Corona-Zeit, die Politisierung des Bundesverfassungsgerichts, fragwürdige Urteile im Bereich Meinungsfreiheit sowie der immer noch mangelnde Fortschritt bei der „Entnazifizierung“ unserer Justiz machen deutlich:
Deutschland hat seine juristische Vergangenheit nicht hinreichend aufgearbeitet – weder personell noch strukturell noch geistig.
Mit diesem Papier will ich konkrete Reformvorschläge formulieren – obschon ich kein Jurist bin -, um die Justiz aus ihrer politischen und historischen Verstrickung zu lösen und fit für eine moderne, demokratische Gesellschaft zu machen.
- Gewaltenteilung verwirklichen: Unabhängigkeit der Justiz stärken
Problem: Die deutsche Justiz untersteht de facto der Exekutive. Justizministerien entscheiden über Richterkarrieren und beeinflussen die Arbeit der Staatsanwaltschaften durch Weisungen.
Forderungen:
Einführung einer Selbstverwaltung der Justiz durch unabhängige Richterräte.
Abschaffung der Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft. Staatsanwälte müssen unabhängig ermitteln und anklagen können.
Verfassungsrechtliche Sicherung der institutionellen Unabhängigkeit von Justizorganen.
- Parteipolitischen Einfluss eindämmen: Bundesverfassungsgericht entpolitisieren
Problem: Die Auswahl von Verfassungsrichtern erfolgt parteipolitisch. Nähe zur Regierung gefährdet die Unabhängigkeit.
Forderungen:
Einführung eines transparenteren, öffentlichen Wahlverfahrens für Verfassungsrichter.
Unvereinbarkeit von politischer Funktion und Richteramt: Mindestens fünf Jahre Karenzzeit nach Bundestagsmandat oder Ministerposten.
Stärkere fachliche Qualifikation statt Parteibuch als Kriterium für die Besetzung höchster Richterämter.
- Ausbildung und Auswahl reformieren: Qualität und Vielfalt fördern
Problem: Die juristische Ausbildung fördert Konformismus. Richterlaufbahnen belohnen Loyalität gegenüber der Verwaltung statt demokratische Haltung oder Rechtsreflexion.
Forderungen:
Reform der Juristenausbildung mit stärkerem Fokus auf Ethik, Grundrechte, Diskriminierung und Gesellschaftswissenschaften.
Öffentliche Ausschreibungen und transparente Auswahlverfahren für Richterstellen.
Anerkennung alternativer Berufsbiografien (z. B. NGO, Wissenschaft, Auslandsdienste) im Auswahlprozess.
- Bürgernähe schaffen: Justiz transparenter und rechenschaftspflichtiger machen
Problem: Die Justiz agiert oft in einem abgeschotteten Raum. Fehlurteile, Verfahrensfehler und Intransparenz untergraben das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger.
Forderungen:
Einführung eines jährlichen Richterrechenschaftsberichts.
Schaffung einer unabhängigen Justizbeschwerdestelle.
Verpflichtende Veröffentlichung aller Urteile in allgemein verständlicher Sprache.
- Strukturen modernisieren: Veraltete Gesetze und Denkmuster überwinden
Problem: Teile des Gerichtsaufbaus stammen aus autoritären Zeiten. Der „Geist“ einer obrigkeitshörigen Justiz ist institutionell und mental nicht überwunden.
Forderungen:
Modernisierung des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) auf Basis demokratischer Prinzipien.
Bürgerbeteiligung durch Schöffen stärken: mehr Verfahren mit Laienbeteiligung.
Angemessene personelle und technische Ausstattung der Gerichte, um Überlastung und Fehlurteile zu vermeiden.
- Eine neue Justizkultur etablieren: Lernen statt abschotten
Problem: Eine selbstkritische Fehlerkultur fehlt. Richter agieren oft unangreifbar, ohne Reflexion oder gesellschaftliche Rückbindung.
Forderungen:
Verpflichtende Fortbildungen für Richter zu Grundrechten, Antidiskriminierung, Ethik und Justizgeschichte.
Förderung einer Fehlerkultur: Urteilsanalysen, Studien zu Fehlentwicklungen, Austausch mit Zivilgesellschaft und Wissenschaft.
Evaluation von Gerichtsentscheidungen durch unabhängige Gremien (nicht zur Aufhebung, sondern zur Reflexion).
Fazit: Justiz in der Demokratie – kein Tabu, sondern Prüfstein
Die Justiz muss sich ihrer Verantwortung als unabhängige, bürgernahe und demokratische Institution stellen. Dafür reicht kein personeller Austausch, sondern es braucht strukturelle Veränderungen, mehr Transparenz und eine neue juristische Ethik.
Gerade angesichts wachsender gesellschaftlicher Spannungen, wachsendem Vertrauensverlust und politischer Einflussnahme ist es höchste Zeit für eine mutige und umfassende Reform der Justiz.