Wem verdankt der Kartoffelschnaps seine Verbreitung in Franken? Dem Agrarreformer und Dorfschultheißen Nikolaus Müller (1758 – 1833) aus dem heutigen Weinort Wipfeld am Main Wegen des Kartoffelschnapses wäre Nikolaus Müller sicher nicht in die Geschichte eingegangen. Denn sein Landesvater, der Würzburger und Bamberger Fürstbischof Karl von Fechenbach, verbot 1802 das Brennverfahren, – eine der letzten Rechtssetzungen des Fürstbistums am Ende einer 1000jährigen Geschichte. Auch später konnte sich der Kartoffelschnaps nicht gegen Frankenwein und fränkisches Bier durchsetzen.
Der Agrarreformer Nikolaus Müller war kein Revolutionär wie sein Dorf- und Zeitgenosse Elogius Schneider der als ‚Blutsäufer von Straßburg‘ in die Geschichte der Französischen Revolution einging. Nikolaus Müller war ein friedlicher Typ. Vor 1848 wären auf deutschem Boden Strukturreformen in der Landwirtschaft sowieso nicht gegen den Adel durchzusetzen gewesen. Müllers Agrarreform bestand in schriftlichen Ratschlägen zur Erweiterung des Angebots an Feldfrüchten und zur Verbesserung der Anbaumethoden oder des Wegebaus. Ein besonderes Verdienst der damaligen Agrarreformer war die Verbesserung des Obstanbaus. Fränkische Dörrfrüchte (Hutzeln) waren nah und fern beliebt. Der Obstschnapsverkauf wurde einträglicher als der Weinbau.
Erst nach den Hungerjahren 1770, 1771und 1772 wurde die Kartoffel Standardnahrungsmittel auf dem Land. Die Kartoffel sicherte als Schweinefutter auch die Fleischproduktion. Kein Wunder, dass Nikolaus Müller vor allem die Kartoffel im Visier hatte. Experiment blieb sein abenteuerliches Verfahren zur Herstellung von Kartoffelessig. Der Kartoffelschnaps hingegen boomte eine Zeitlang. Trotz aller Reformen blieb es am Ende des 18. Jahrhunderts bei der malthusianischen Elendssituation: die landwirtschaftliche Produktion hielt nicht Schritt mit dem Bevölkerungswachstum.
Der vielseitige Nikolaus Müller veröffentlichte 1794 eine beachtete Schrift über die Pflichten eines Dorfschultheißen. In bayerischer Zeit initiierte er den Ausbau des Wipfelder Sauerbrunnens auf der anderen Seite des Mains, des späteren Luwigsbads. In Erinnerung blieb Müller sogar als ‚Kriegsheld‘. 1796 ließ er eine Schiffsbrücke von Wipfeld mainabwärts nach Stadtschwarzach bringen. Auf ihr überquerten die Kaiserlichen den Main, um anschließend die Franzosen des General Jourdan zu besiegen. Eine Brücke hat Wipfeld bis heute nicht wieder erhalten.
J.H.