3. Oktober – Deutscher Nationalfeiertag
Man darf es nicht mehr singen oder sagen …
Und darf man auch nicht mehr daran erinnern, dass Deutschland einmal größer war (nicht nur geographisch)?
Natürlich kann man diese unsäglichen 12 Jahre nicht ausblenden.
Aber auch an das große, alte Deutschland denkt man an seinem National-Feiertag. Und nicht nur allein an das glückliche Jahr 1989.
Mir ist dieser Tag egal geworden. Wir sind am 14. Oktober über Ungarn zu dritt (Mann und Tochter) mit 2 Taschen in unserem Lada nach Ungarn gefahren. An der tschechisch-ungarischen Grenze wurden wir alle von der tschechischen Soldateska kurz vor Mitternacht aufgefordert, sofort auszusteigen, die Tochter war damals 10 Jahre alt, ehe die große Durchsuchung begann. Auf meine Frage, was sie denn suchen, kam die Antwort, daß wir nichts aus dem Land mitnehmen dürfen. Ich fragte, was man denn bei denen kaufen könne. Daraufhin stieß mich mein Mann in die Seite, ich solle die Klappe halten. In Ungarns Grenzstadt war schon alles bestens organisiert. Das Quartier war voll, wir bekamen Freßbeutel, Landkarten und Tankgutscheine aus der bRD und übernachteten mit den anderen, wir waren an diesem Tag die 1992*+ ten, auf dem Parkplatz. Nie werde ich die Frau im Nebenauto (Trabi) vergessen, die morgens mit ihrem Baby auf dem Schoß mit leerem Blick vor sich hinstarrte. Nein, wir fuhren nicht ins Paradies, wir fuhren ins Ungewisse, unsere bisherige Existenz hinter uns lassend. Unsere Dokumente (Diplome/Zeugnisse) hatten wir im Inneren des Motors versteckt, Sachen nur für eine Woche abgezählt mitgenommen. Wegen der Grenzkontrolle. Wir hatten im Rias gehört, daß Familien mit Kindern in der Schulzeit zurückgeschickt wurden, auch zu viel Gepäck war verdächtig. Ich weiß nicht, wie viele in der Zeit vom 20.8. bis zum 9. November ausgereist sind, als die ungarische Grenze publikumswirksam von Otto von Habsburg für ein „Picknick“ geöffnet worden war.
Nachdem wir im Mai schon vor Ort in Ungarn die Grenze beobachtet hatten, die aber noch streng bewacht war, hatten wir nach dem 20.8. sofort ein 2. Visum beantragt, das aber von DDR Seite abgelehnt wurde. Flüge seien ausgebucht, die Transitstrecke in der Tschechei für DDR Bürger verboten. Ich fragte, ob das auch für Sowjetbürger gelte. Sofort sollte ich meinen Mann vom Flur hineinholen, dessen russischer Paß uns eine Sondergenehmigung für die AB einbrachte. In Wien hielten wir an, besichtigten die Stadt und kauften für unseren Freund in Ostberlin eine Ansichtskarte. Der hatte unsere Westtechnik aus dem Intershop und unser Meerschweinchen in 2 Brilliantringe aus Sibirien, wo er beheimatet war, eingetauscht, die uns fürs erste im Westen helfen sollten. Ihm hatten wir auch alle persönlichen Gegenstände zum Aufheben für später irgendwann gegeben. Meine Tagebücher hatte ich noch in Berlin in einem großen Topf angezündet und verbrannt. Anschließend war unser nächstes Ziel Weiden, das nächstgenannte Übergangslager, wo wir registriert wurden. Endziel war Hamburg. Zu meiner Tante nach Glückstadt wollte ich nicht, weil ich unabhängig bleiben wollte. Westberlin kam wegen der Lage nicht in Frage. Nach 3 Tagen, in denen wir auch verpflegt wurden, machten wir uns wieder mit Freßbeuteln und Tankschecks auf en Weg nach Hamburg, wo wi spät abends uns bei der Bahnpolizei in Altona melden sollten. Die boten uns gleich ihren Proviant an und telefonierten nach Unterbringungsmöglichkeiten. Entweder Campingplatz in Niendorf oder Schiff. Wir landeten auf dem Schiff „Casa Marina“. Was mich dann in HH seh wunderte: Wir als Neubürger bekamen Gratismonatsscheine 1. Klasse in Bus und Bahn und die Einheimischen fuhren alle 2. Klasse. Aber das Erwachen aus dem Schlaf kam noch so manches Mal, endgültig aber 2000. Aber das ist eine andere Geschichte. Nur so viel: In Berlin am 3. Oktober 1990 zur großen Feier waren wir dabei, denn die Freude war riesig. §. Oktober? Stille Frage, kurzes Aufwachen (bei der Zahl 3+1(0)+1+9+9+0=23 ist mir erst die letzten Jahre klar, wer das Datum diktierte). Heute schämen wir uns, dabeigewesen zu sein, sagte mir auch mein Mann vorgestern. Riesenverarxxe. Wovon ich 1987 aus der Volksbildung geflüchtet war wegen des unendlichen Hohlen Klaus, kam hier in Gestalt des Zentralrates, der Fernsehprogramme und der neuen Lehrpläne wieder um die Ecke. Propaganda, die wir mit unseren feinen DDR-Nasen gleich erschnüffeln.
Nein, die bRD ist nicht (mehr) mein Land, aber wohin sollen wir jetzt? Ist es woanders anders? Und darum sagt mir der 3. Oktober nichts. Und auch der 9. November war kein Versprecher von Schabowski, das war lange vorher von der Finanzelite akribisch geplant. Der Teil der Welt, in dem der künstliche Mangel herrschte, war noch nicht gekauft und erobert, ein riesiger Konsumtempel. Der Dollar hatte noch einmal mehr als 30 Jahre Zeit zum Verschleppen des Bankrotts. Und jetzt? Jetzt sehe ich den Tiefen Staat und weiß, wie übel der ist, aber machen kann ich nichts. Der ist global.
Kleine Ergänzung nachträglich. Das alles erlebten wir natürlich im Jahr des Untergangs der dDR 1989. Das Quartier zum Übernachten war im ersten Ort in Österreich. Es sah im Fernsehen alles ziemlich spontan aus, war aber von der Obrigkeit bestens organisiert. Wir kannten alle Etappen, waren versorgt. Auf dem Schiff wurden wir vom Arbeiter-Samariterbund, und wer wollte, von der Kirche betreut.Das Zusammenleben war bis zum 9.November ruhig und höflich, danach kamen die Arbeitsscheuen aus der dDR, sahnten Sozialhilfe ab, vermüllten den Gemeinschaftsraum, sahen den ganzen Tag Pornos und soffen. Der war für uns Normale nicht mehr betretbar, schon gar nicht für Kinder. Das 1. Klassenfoto meiner Tochter in der neuen Heimat erschreckte mich sehr, sie war die fast einzige Blonde unter Orientalen. Aber die Betreuer beruhigten uns, das sei nun mal Altona, meiden bei der Wohnungswahl sollten wir noch Wihelmsburg, Harburg, Billstedt, Horn und Steilshoop. Die Wohnung in Billstedt lehnten wir dann auch trotz Notscheins gleich ab. Aber was nicht war, konnte werden durch die Hamburger Fehlbelegungsabgabe. Unser Viertel mit Sozialwohnungen im Zentrum gegenüber der Speicherstadt verausländerte von 1992 bis zu unserem Wegzug 1996 sichtlich. Es ist alles geplant und wird durchgezogen. Seit 2009 betritt meine Familie Hamburg so gut wie nie.
Genauso schlimm muß es um 1900 dort gewesen sein, als die Osteuropäer die Hansestadt heimsuchten, als sie nach Amerika ausreisen wollten. Der Herr Ballin verdiente gut, während die Armen der Stadt mit den Ostlern bis zu deren Ausreise zusammenleben mußten, krank wurden und sich die wenigen Arbeitsplätze und die Behausungen teilen mußten. Alles wie gehabt. Die Ausländerschwemme heute ist auch organisiert.