Oder: Eine neue Operation der linken Spalter?
Da hat die Ministerin aber etwas angefacht:
„Unter dem Hashtag #Dorfkinder starten Bundesministerin Julia Klöckner und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eine Kampagne für die ländlichen Regionen in Deutschland. #Dorfkinder lenkt den Blick auf die Menschen, die Tag für Tag daran mitwirken, die Dörfer und Landgemeinden voranzubringen – mit Engagement, Ideen, Leidenschaft. #Dorfkinder stoßen zugleich eine Debatte über das Leben auf dem Land an. …“
So lautete eine Ankündigung auf der Seite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.
Und wie es so üblich ist in diesem unserem Lande, wenn etwas in den „sozialen Medien“ gepostet wird, wird es schnell unsozial und häßlich.
Mit #Dorfkinder hat denn Julia Glöckner einen neuerlichen Gülle-Sturm ausgelöst.
Nachdem die „Umweltsau“ und die „Nazisau“ in der der Öffentlichkeit nicht so recht verfangen hat, geht man jetzt mit der Häme gegen „Dorfkinder“ bzw. auf die Landbevölkerung los.
Da waren ja schon die Bauernproteste gegen die existenzbedrohenden agrarpolitischen EU- und Bundesmaßnahmen den Grüninnen und Großstadtbolschewiken schon ein Dorn im Auge. Dazu sei denn vermerkt, dass die Kujonierung von Bauern und der Landbevölkerung ja eine echt kommunistische Tradition hat. Man denke an die „Entkulakisierung“ unter der Diktatur Stalins in der Sowjetunion.
Nicht nur der Pöbel schüttet jetzt per Twitter und Facebook Hohn und Spott über die „Landeier“ aus, auch die Edel-Journaille beteiligt sich klammheimlich mit Kritik vor allem an Julia Klöckner an den Feindseligkeiten und den Hass- und Spott- Grobheiten.
Die für Zeit und Spiegel tätige Journalistin und Autorin, das SPD-Mitglied Sophie Paßmann „twitterte“:
Bei mir auf dem Dorf gab es einen, der immer, wenn er besoffen war „Deutschland den Deutschen“ gerufen und den Hitler-Gruß gemacht hat #dorfkinder https://t.co/N1g00i5Yx
— Sophie Paßmann (@SophiePassmann) January 20, 2020
Hier seien nun einige weitere „Perlen“ der Twitterkampagne aufgeführt:
– Als #Dorfkind gibt es nur zwei Lebensphasen:
a) die Phase, in der der Spielplatz zum Spielen da ist.
b) die Phase, in der der Spielplatz zum Saufen da ist.
Und dazwischen kommt manchmal der Bus.
— Micky Beisenherz (@MickyBeisenherz) January 20, 202– #Dorfkinder beschweren sich, dass nur zweimal am Tag ein Bus zu ihnen nach Hause fährt. Leute, wenn der Bus nur zweimal täglich kommt, dann heißt das, dass wir euch in der Stadt nicht wollen.
Bleibt zu Hause und macht Milch für uns
— Antreh Herrmann (@nnamrreherdna) January 20, 202– Antwort an @JuliaKloeckner
#Dorfkinder ziehen in die Stadt, weil aufm Dorf niemand was gegen die Faschos macht, im Fußballverein und in der Feuerwehr nur gesoffen wird und schwul das beliebteste Schimpfwort ist, ohne Ende Geklüngelt wird und sich nicht mal die Jungen für besseren Netzausbau interessieren.– Die Kinder sind so weiß! Sind die mit Arier gewaschen? https://t.co/ww10YTCIQr
— Mario Sixtus 馬六 (@sixtus) January 20, 2020– Bei mir im Dorf hab es eine Gruppe mit 17-19 jährigen jungen Männern, die freitags zum Intersport gefahren sind, um sich Zahnschutz zu kaufen, weil sie am Wochenende für Schlägereien ins Mölltal gefahren sind. #dorfkinder https://t.co/rrxlDTMZTp
— Rosi Rosinger (@Rosinnjo) January 20, 2020– Kann so ähnliche Dinge aus Franken bestätigen. Dagegen gestellt, gegen diese braune Scheiße und seitdem d. verfickte Gutmensch der sich verpissen soll. Da die #cdu bis heute nicht kapiert hier einzugreifen mit mehr Bildung etc erzähle ich allen #niewiederCDU zu wählen #legalize
Für die SPD und die Grünen ist das Ganze eine willkommenen Gelegenheit, der CDU oder der CSU in Bayern eins auszuwischen und vordergründig auf noch vorhandene Strukturmängel auf dem Land hinzuweisen. Auch für eine Retourkutsche zum „Omagate“ ist man sich nicht zu blöde.
Der WDR-Journalist Jürgen Döschner erinnerte an den „Umweltsau“-Eklat rund um seinen Sender und glaubt, die Christdemokraten angesichts des Hashtags an ein Wort des NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet erinnern zu müssen: „Niemals dürfen Kinder von Erwachsenen für ihre Zwecke instrumentalisiert werden.“
Auch die Redaktion des BR beteiligte sich der Häme. In „quer“ ließ man verlauten: „Dorfkinder müssen auf den Hügel, um diesen Post zu lesen“, oder auch: „Vegetarische Dorfkinder müssen jeden Tag Käsespätzle essen“.
„Dorfkinder fahren heimlich mit 13 Vespa, weil der Bus nur zweimal am Tag fährt“, ätzte eine Userin. „#Dorfkinder sind in der Welt der Julia #Kloeckner vor allem weiß und wohl behütet“, glaubte der Grünen-Politiker Ali Bas anmerken zu müssen.
„#Dorfkinder sind oft gefrustet, weil die CDU lieber die Schwarze Null feiert, anstatt in ländliche Regionen zu investieren. Danke für nichts!“, twitterte ausgerechnet ein Großstadt-Fatzke, der Berliner Juso-Vize Ben Schneider
Die FAZ fasste die auflaufende, unselige Kampagne so zusammen:
„Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sagt in seiner #Dorfkinder-Kampagne, es wolle den Blick auf Menschen lenken. Die sagen auf Twitter: Dorfkinder sind doof und ständig besoffen. Dorfkinder sagen: Lauft!“. „Wer hier wohnt, braucht entweder ein Auto oder einen Strick.“
Nebenbei: Die dazugehörige „Life-Abstimmung“ ergab, dass eine überwiegende Mehrheit der Leser dieses Beitrags die Lebensqualität auf dem Land höher einschätzt, als die in der Stadt.
Es ist schon eine schamlose Arroganz, die aus den „Tweets“ der sich aufspielenden „urbanen Eliten“ spricht. Es ist die Fortsetzung des „Nazisau“-Manövers: „Faschos“, „braune Scheiße“, „Die Kinder sind so weiß“ und „mit Arier gewaschen“ und in den Vereinen wird gesoffen und geschlägert.
Man könnte nun mit gleicher Münze zurückzahlen und aufzählen, was sich in den „versifften“ oder „verfickten“ Großstadtrevieren so alles abspielt.
Aber lassen wir das.
Boris T. Kaiser trifft den Kern der Sache (zu lesen bei JF):
Mit dem Plebs vom Land wollen die Öko-Theoretiker aus der City nichts zu tun haben. All die schönen und um jeden Preis schützenswerten Landschaften sind erst dann so richtig schön, wenn sie von möglichst vielen Windrädern geziert werden; und der Bauer und seine Dorfkinder sollen gefälligst liefern, wonach es den Königen der Großstadt in ihren Glaspalästen der Deutungshoheit so gelüstet – und ansonsten den Mund halten und zuhause bleiben.
Die Älteren erinnern sich vielleicht noch an den Puppenfilm der Gebr. Diehl „Die Stadtmaus und die Feldmaus“, der uns in den 50ern noch in der Schule gezeigt wurde. Eine sehr einfache Fabel über das eher karge Landleben und das reiche, aber gefährliche und aufreibende Leben in der Stadt. Der Film wurde 1939 veröffentlicht und ist also „Nazi“, auch wenn er sogar in der DDR noch im Unterricht gezeigt wurde.
Ganz so karg, dass sich die Feldmaus nur von Eicheln ernährt, ist das ländliche Leben gleichwohl nicht mehr.
Meine drei Töchter sind „auf dem Land“ aufgewachsen. Was Bildung, sozialen Status und besonders auch seelische Gesundheit anbetrifft, laufen sie gewiss mehr als 90% der städtischen Bevölkerung den Rang ab. Ihren Kindern möchten sie im gleichen Sinne ein Großstadt-Leben auch nicht zumuten.
Also: was soll’s?