Persönlich gestimmte Anmerkungen zum Tag
Am heutigen Tag gedenkt man in Deutschland der „Opfer des Nationalsozialismus und der Toten beider Weltkriege“ – wie es z.B. in Hessen heißt.
Für die meisten Deutschen bedeutet es aber immer noch in erster Linie das Gedenken an die gefallenen Soldaten aus ihren Familien in den beiden Weltkriegen -oder zuletzt bei den Einsätzen zur „Verteidigung unserer Freiheit am Hindukusch“.
Es gibt kaum eine deutsche Familie, aus der nicht eines der (männlichen) Mitglieder den „Heldentod“ erlitten – wie man früher noch sagte.
2 Millionen Sokdaten im Ersten und 5,1 Millionen im Zweiten Weltkrieg.
Meine Familie kam vergleichsweise glimpflich davon. Allein der älteste Bruder meines Vaters war in Russland gefallen. Die anderen kamen alle „heil“ aus dem Krieg zurück.
Um aber dann, wie die ganze Familie die Vertreibung aus ihrer angestammten Heimat erleben zu müssen.
Das Thema Krieg wurde von meinem Vater wenig zur Rede gebracht. Er selbst war in einer Einheit der 6. Armee, die dann in Stalingrad fast vollständig vernichtet wurde. Er hatte auf der Krim das Wolhynische Fieber bekommen und war in einem Lazarett in Ungarn, als alle seine Kameraden in Stalingrad verheizt wurden.
Von seinem geliebten Bruder, der war 14 Jahre älter als er (und zu ihm dem Lehrer war er auch in die Schule im Böhmerwald gegangen) hat er immer erzählt, er sei in Russland „vermisst“. Dabei war schon bekannt, dass der 1944 dort gefallen war und bei Malochowzi, einem Dorf in der Ukraine begraben ist. Seelische Verdrängung?
Dass man von dem Grab erfuhr, war auch dem „Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge“ zu verdanken. Der auch für das anhaltende Gedenken und den Erhalt dieses „stillen“ Gedenktages in Deutschland gesorgt hat.
Ich hatte dieser Tage ein verblüffendes Erlebnis, als vor unserer Haustür in Schwarzenau zwei kleine Schulmädchen standen und um eine Spende für die Kriegsgräberfürsorge baten. Ich dachte diese eigentlich „deutsche“ Gepflogenheit hätte man schon längst abgeschafft?
Vor nahezu 70 Jahren – bis in die Gymnasialzeit – war ich doch selbst jedes Jahr im November mit Schulkameraden unterwegs, um „klinkenputzend“ Spenden für die Kriegsgräberfürsorge zu sammeln. Die Spendenliste, in die ich mich vor zwei Wochen eintrug, war identisch derjenigen, die wir damals hatten.
Wie lange wird es das noch geben? Wann wird sich ein Bessermensch gegen diesen „Missbrauch“ von Schulkindern empören?
Ich hoffe, es bleibt erhalten.
Gerade in Zeiten des Krieges, die wohl nie aufhören wollen.
Die beiden Töchter meines gefallenen Onkels, meine Cousinen, leben noch und sind, wie ich weiß, an diesem Tag im Gedenken bei ihrem Vater, den sie beide nur wenige Zeit erleben konnten.
Ich habe meinen Onkel nicht erleben können, aber die Trauer meines Vater, meiner Großeltern und meiner Cousinen.
Und dazu kam die lange im Vordergrund stehende Trauer um den Verlust der Heimat im Sudetenland.
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