Gedanken über »Barbaren« und die Rückkehr der »spätrömischen Dekadenz«

Barbaren

Die alten Griechen waren in ihrer Blütezeit der Auffassung, dass die ganze Menschheit in zwei Klassen zerfällt: in Griechen und Nichtgriechen, bzw. Barbaren. Das Wort „Barbar“ bezeichnet in seinem Umfang alle Nichtgriechen und diese Zweiteilung verrät uns den ganzen Kultur- und Nationalstolz des griechischen Volkes, wie er sich, nicht ohne Grund, seit den Perserkriegen entwickelt hatte. Inhaltlich bedeutet der Begriff„Barbar“, den jeder wirklichen Bildung baren, ja zu ihr überhaupt unfähigen, rohen, grausamen, zuchtlosen Menschen, bei dem von wirklicher Sittlichkeit und Selbstzucht keine Rede sein kann, der je nach Umständen in Üppigkeit, Weichlichkeit und Wollust versinkt. Es meint aber auch den feigen, unkriegerischen Menschen, der als Masse von hündischem Knechtssinn, als Einzelner, wenn er zur Macht gelangt ist, von tyrannischen Launen und Gelüsten beherrscht wird. *

Spätrömische Dekadenz

»Spätrömische Dekadenz« – ist ein Schlagwort, mit dem sich Guido Westerwelle im »kollektiven Gedächtnis« verewigt hat. Seinerzeit als er Bundesaußenminister war, sprach er angeblich verächtlich über Hartz-IV-Empfänger und deren angeblichen Liegekomfort in der »sozialen Hängematte«.
Konkret sagte er:
„Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein. An einem solchen Denken kann Deutschland scheitern.“

Diese Formulierung und die angeblich unhistorische Similarität riefen gellenden Protest der Journaille, der gewählten oder auch unlegitimierten Moral-Strategen und zahlloser Geschichtsexperten – mit und ohne »Expertise« – hervor.
Natürlich geriet auch Alexander Gauland, inzwischen Vizevorsitzender der AfD in medialen Artillerie-Beschuss, als er im November 2015 vor einer neuen Völkerwanderung warnte und die Flüchtlingsbewegungen mit dem Untergang des Römischen Reiches gleichsetzte, »als die Barbaren den Limes überrannten«.

Markus Väth, Autor zahlreicher wirtschafts- und arbeitspsychologischer Sachbücher, ließ kürzlich in »Capital«, noch vor, aber wohl im Blick auf die bevorstehende Verabschiedung des »Bürgergelds«, die »spätrömischen Dekadenz« wieder aufleben:

»Deutschland rutscht in diesem Jahrzehnt immer tiefer in eine Phase der Dekadenz. Es ging uns zu lange zu gut. Leistungslos, am besten mit einem bedingungslosen Grundeinkommen im Rücken, will man das Leben genießen. Arbeiten sollen andere; und wenn man schon selbst arbeiten muss, dann bitte schön sehr gut bezahlt und mit ausgeprägter Work-Life-Balance. Kombiniert mit einem Selbstverständnis des Staates, der sich in der paternalistischen Rolle des Alles-Regulierers gefällt und eine ideologisch gefärbte Wirtschafts-, Arbeits- und Klimapolitik praktiziert, kann man dem Bürger nur raten, sich warm anzuziehen. Dass dies nicht nur im übertragenen Sinn gemeint ist, zeigt, wie dramatisch die Situation ist.«

Die Regierenden, das Volk – Barbaren und Dekadenz

Was die gegenwärtigen Regierenden – natürlich auch schon deren Vorgänger, besser Vorgängerinnen – in Deutschland anrichten und angerichtet haben, führt den kritischen Geist schon hin zum Begriff Dekadenz im Blick auf de Verwerfungen in der Gesellschaft, der Kultur und der Wirtschaft.

Ich will hier nicht Montesquieu, Gibbon, Nietzsche oder Oswald Spengler bemühen, erlaube mir aber Arnold Gehlen** zu erwähnen, der als Indizien für dekadente Gesellschaften nannte:

„Wenn die Gaukler, Dilettanten, die leichtfüßigen Intellektuellen sich vordrängen, wenn der Wind allgemeiner Hanswursterei sich erhebt, dann lockern sich auch die uralten Institutionen und strengen professionellen Körperschaften: das Recht wird elastisch, die Kunst nervös, die Religion sentimental. Dann erblickt unter dem Schaum das erfahrene Auge schon das Medusenhaupt, der Mensch wird natürlich und alles wird möglich.“

Kommen wir zurück auf die Definition des Barbaren.
Wir brauchten nicht die Invasion von ungebildeten, aber »sozialintelligenten«, gewaltbereiten und faulen Barbaren von außen, die nicht erst seit 2015 unser Land und Europa heimsuchen, um den Begriff Barbar für die Jetztzeit zu definieren. Das sind denn nicht nur Zeitgenossen, die »in Üppigkeit, Weichlichkeit und Wollust versinken«. Es ist auch immer mehr dieser feige, unkriegerische Mensch in unseren Gesellschaften, »der als Masse von hündischem Knechtssinn, als Einzelner, wenn er zur Macht gelangt ist, von tyrannischen Launen und Gelüsten beherrscht wird«.

Vor allem mit diesen an die Macht gelangten, ungebildeten, gleichwohl »mit tyrannischen Launen und Gelüsten« versehenen Leuten – ob Grünen, Roten, Gelben und Schwarzen – sehe ich den Begriff »Barbar« für uns brandneu zu gebrauchen.
Die das Recht „elastisch“ gestalten und die sich nicht erst durch aufkommende „Hanswursterei“ auszeichnen.
Und dazu – Hand in Hand – eine Masse von feigem, kriecherischem und obrigkeitshörigem Stimmvieh und irregeleiteten Teilen der Jugend – im »besten Deutschland, das es je gegeben hat«.

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* Wilhelm Capelle in seiner Einleitung zu Marc Aurels »Selbstbetrachtungen«, Kröner Verlag

** Arnold Gehlen: »Moral und Hypermoral – eine pluralistische Ethik«, Frankfurt am Main 2004

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