Ein Enthüllungsjournalist als Kirchentagspräsident
Für den Kirchentag im Sommer 2019 haben sich die Evangelischen diesmal einen prominenten Konvertiten als Präsidenten ausgesucht: den namhaften früheren Investigationsjournalisten Hans Leyendecker von der Alpen-Pravda (was ja lupenreines Gutmenschtum garantiert). Dass der ehemalige Katholik Leyendecker ein Renegat oder Apostat ist, möchte ich ihm nicht zusätzlich ankreiden, jedoch seinen albernen Polizistenschnauzer über der Oberlippe (wahrscheinlich ein bewusst gewähltes Attribut).
Hans ist ja durchaus ein ehrlicher Mann, was für einen Erfolgsjournalisten schon etwas heißen mag. Er hat tatsächlich schon mal einen „verheerendsten Fehler“ eingestanden: eine Spiegel-Titelgeschichte 1993 zur angeblichen Hinrichtung des RAF-Mitgliedes Wolfgang Grams durch die GSG-9 in Bad Kleinen, die auf zwei Quellen aufbaute, die sich später nicht verifizieren ließen.
2012 hat er – vielleicht vorausschauend – den „renommierten“ Henri-Nannen-Preis abgelehnt, da zeitgleich zwei Bild-Autoren ausgezeichnet werden sollten.
Ein Trost zudem: dieser Preis ist nicht erst seit Relotius sowieso nichts mehr wert, wie andere Auszeichnungen auch.
Nun wandelt der Aufdecker und frühere Wasenmeister des real existierenden Kapitalismus auf den Spuren von Erhard Eppler, dem Pietcong der SPD – erst Friedensbewegt und dann Bellizist (Kosovo, Afghanistan) und von Katrin Göring-Eckardt, dieser Fragmentär-Theologin und deutschen Pröpstin der universalen Klima-Kirche.
Der letzte Kirchentag (2017) bleibt uns unverbrüchlich im Gedächtnis als grandioses Schwulen- und Lesben-Happening mit kirchlichem Segen (Bleibt die Frage, ob evangelische Oberpfaffen überhaupt noch „segnen“ dürfen?).
Da gab es Vorträge und „Workshops“ zu folgenden Themen:
• Coming-Out-Workshop für lesbische Mädchen und Frauen
• Workshop: „Und wo bleibt die Lust? – Austausch für Frauen* zur Sexualität“
• „Lesbisch-schwule Glaubensbiografien“
• Workshop: „Auch Lesben und Schwule werden älter“
• „Oversexed and Underfucked“?
• „Ver-Queeres Willkommen – LSBTTIQ* im Kontext von Flucht und Vertreibung“
• Ökumenischer Arbeitskreis „Sadomasochismus (SM) und Christsein“
Der neue Kirchentagspräsident hat – ganz der Aufklärer – einen aktuellen Gegenstand für sich entdeckt: den Missbrauchs-Skandal in der katholischen Kirche.
„Kirchentagspräsident beklagt katholischen Umgang mit Missbrauch“ „Leyendecker sieht mangelnden Aufklärungswillen bei der katholischen Kirche“ – und so ähnlich lauten die jüngsten Schlagzeilen, welche sogar die Titelseiten der Provinzpostillen erobert haben. Ein Mega-Thema offensichtlich für Protestanten, mit dem man den Papisten einmal mehr etwas einschenken kann. Ganz im Geist der Ökumene natürlich. Man weiß ja, dass Renegaten meist die unerbittlichsten Kritiker sind, nach der Devise „Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche!“ (F. W. Bernstein)
Vorab hatte Leyendecker bereits weitere programmatische Topoi artikuliert: „Angesichts von Hetzern, Rassisten und Nazis dürften Christen, Kirche und Kirchentag nicht stumm bleiben!“
„Was für ein Vertrauen“ aus dem 2. Buch der Könige, Kapitel 18, Vers 19 – das Motto des Kirchentags.
Die AfD bleibt denn selbstredend erneut von diesem unheiligen Bimbam namens Kirchentag ausgeladen. Noch dazu von einem selbsternannten Experten für das Thema „Freiheit des Wortes und seine Feinde“.
Liebet auch die Feinde, lautet eine christliche Botschaft, und so werden Steinmeier, Merkel und das Maas-Männchen auf dem kommenden Kirchentag erwartet.
Da interessierte mich denn schon der diesjährige Ablaufplan, den man hier durchblättern kann.
Gegenüber dem Jahr 2017 haben die Evangelischen dieses Jahr ihr Tunten- und Schlampen-Programm offensichtlich abgespeckt, ergibt die Recherche. Aber man bleibt sich dennoch treu:
- Man glaubt es nicht: „Vulven malen“ lautet das Thema eines der christlichen „Workshops“.
- Man denkt an gesellschaftlich vernachlässigte Zielgruppen: „Lesbische Einsamkeitserfahrungen. Für lesbische Singles Ü-40“
- „Ein FrauenLesbenGottesdienst – Thema „Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin“ (Psalm 139)“ darf selbstredend nicht fehlen.
- Ein gewiss weltbewegendes „Regenbogen-Thema“ lautet „Deutschland: Paradies für LSBTTIQ*-Geflüchtete?“ – soll sich doch laut Leyendecker das Thema Migration durch den Kirchentag wie ein „roter Faden“ ziehen.
- Mit „Verschaffe mir Recht. Kriminalisierung von LSBT* und die katholische Kirche.“, kriegen denn die Papisten noch eine Watsche ab.
Nach „Vulven malen“ fehlt nur noch „Gemeinsames Schlecken von Venusmuscheln“.
Selbstredend verfolgt einen das hirnrissige Gender Sternchen auf allen Seiten des „Programmheftes“.
Im Jahr 2007 motzte Leyendecker über die aufkommenden Weblogs. Nach seiner Wahrnehmung seien Blogger „Leute, die zum Teil antidemokratisch sind, … unqualifiziert“ und weiter meinte er: „Ein Großteil der Sachen, die ich lese, ist böse, ist zynisch, ist verachtend, ist gegen jedermann.“
Da habe ich als Blogger jetzt durchaus seine Erwartungen erfüllt. Außer, kann ich ihm versichern, dass ich nicht gegen jedermann bin; und in Sachen Demokratie und Meinungsfreiheit halte ich mich durchaus für ausreichend qualifiziert zum Mitreden.