Ein „fragwürdiger“ Kirchentagspräsident

Brisantes zum Kirchentag

Heute, am 19. Juni 2019 wird der 37. Evangelische Kirchentag eröffnet. Wir hatten uns schon an dieser Stelle mit diesem »Event« und dem verantwortlichen Kirchentagspräsidenten Hans Leyendecker beschäftigt.

Vor einigen Tagen erhielt ich ein nicht öffentliches Papier mit dem Logo von »evangelisch.de« versehen, in dem man sich kritisch mit dem Kirchentagspräsidenten befasst. Das Papier wurde einer Verbindungsperson aus dem Kreis des Präsidiumvorstandes des Evang. Kirchentages zugespieltt und ist dort seit Ende April im Umlauf. Wegen des durchaus brisanten Inhalts durfte es fraglos nicht nach außen, in die Öffentlichkeit gelangen.
Das Papier wurde mutmaßlich von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Medien erstellt, bei denen der heutige Kirchentagspräsident früher tätig war. Ehemalige, die heute in kirchennahen Einrichtungen bzw. in der Diakonie oder im Entwicklungsdienst, bzw. bei epd oder als freie Mitarbeiter bei „evangelisch.de“ wirken oder wirkten, scheinen es zusammengetragen zu haben. 

Schon die Eingangssätze gehen auf eine delikate Frage ein:

Screenshot vom Original


Was für EIN VERTRAUEN – hat die Evangelische Kirche in den Kirchentagspräsidenten Hans Leyendecker ?

Hat sie keine Sorge vor einer brisanten #MeToo-Kampagne oder einer #Sexismus-Debatte beim kommenden 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund? Kommt es dazu, so stünde wohl an, auch über den derzeitigen Kirchentags-Präsidenten und Journalisten Hans Leyendecker zu sprechen – darüber, wie der ehemalige Redakteur auf Medienposten Sekretärinnen auf den Po klatschte oder, wie zufällig, ihnen über die Brustspitzen strich.

Man muss wissen, dass der Kirchentag sich in mehreren Veranstaltungen mit dem Thema »Geschlechterverhältnisse im Diskurs« und »Missverständnis oder Missbrauch? – Machtstrukturen in Zeiten von #MeToo« befasst.

Tickt da etwas im Untergrund, das dem Kirchentagspräsidenten um die Ohren fliegen könnte, was dem gesamten Event schaden könnte?

 

Der Kirchentagspräsident mit Kalaschnikow

In dem Papier wird auch eine „merkwürdige“ Geschichte aus den aktiv-investigativen Zeiten des Hans Leyendecker aufgegriffen.
Vor 13 Jahren titelte die Bildzeitung über Leyendecker: 

„SZ“-Starreporter 
Was macht er mit dem Sturmgewehr im Arm? 

Auf zwei Bildern sieht man einen entspannt wirkenden, lachenden Hans Leyendecker mit einer umgehängten Kalaschnikow und Bierdose in der Hand.
Die Fotos entstanden bei einer Geiselübergabe-Aktion der kolumbianischen Befreiungsarmee FARC in Südamerika Mitte der Neunziger Jahre, wo Leyendecker für den Spiegel recherchierte.
Die linke Zeitung »Der Tagesspiegel« und die taz empörten sich damals über die angebliche »Bild-Kampagne« gegen den Star-Journalisten.
Die Verfasser des »evangelisch.de-Papiers« haben nun die für einen evangelischen Kirchentagspräsidenten durchaus heiklen Bilder wieder hervorgeholt und abgedruckt.
Vielleicht dachte man dabei auch an die Kampagne von »evangelisch.de« auf dem Hessentag in Herborn 2016 mit der Überschrift: »Gewehre zu Gitarren«.

 

Sexismus?

Die Verfasser oder Verfasserinnen des Papiers heben vornehmlich auf das »verstörende« Frauenbild von Leyendecker ab. Für »das unterkomplexe Frauenbild, das dem Amtierenden eigen zu sein scheint«, werden ein Leyendecker-Zitat über fußballbegeisterte Frauen, einschließlich Frau Merkel, angeführt. Es heißt weiter:

»Zu einer Frage über Recherchen mit Informantinnen läßt sich der Journalist inkontextuell über die Orgasmusfähigkeit der Partnerinnen mächtiger Männer aus; eine offenkundig vorbereitete Sottise, mit der er die Fragestellerin zum Schweigen zu bringen versucht.«
(siehe: YoutubeKanal „ jung&naiv“: www.youtube.com/watch?v=S_dD8XnqbDk) (Min 4.16)

»Seine intellektuell-defizitären Bemerkungen zur Fußballbegeisterung der Kanzlerin und zu Arbeiten von und mit Mitarbeiterinnen lassen deutlich werden, daß es sich beim amtierenden Kirchentagspräsidenten um den Vertreter eines Kumpanen-Patriarchats handelt, das Frauen in Verhalten und Rede zu demütigen sucht.
Nicht nur deshalb sollte das Leitungsgremium des Deutschen Evangelischen Kirchentags vor Veranstaltungsbeginn klären, ob mit Leyendecker die richtige Wahl getroffen wurde, und ob Vorstand und Präsidium die Stärke besitzen, eine Debatte zum Sexismus seines Präsidenten und anderer Repräsentanten der evangelischen Kirche bei ihrem Kirchentag auszuhalten.

 

Ist Leyendecker ein aufrechter Protestant?

Das Papier beschäftigt sich denn auch, ob und seit wann Leyendecker »evangelisch« geworden sei:

»Zur Vermeidung medialer Irritationen sollte der Vorstand des Präsidiums des Deutschen Evangelischen Kirchentagesden getauften Katholiken Leyendecker zu klarstellenden Belegen darüber anregen, in welchem Jahr er seinen Konfessionswechsel kirchenamtlich gemacht hat, d.h.: Bei welchem Amtsgericht Leyendecker seinen Austritt aus der katholischen Kirche angezeigt hat, wie in NRW üblich, und wann er per Unterschrift in die evangelische Kirche eintrat. Noch im Mai 2013 verneinte der Katholik, der auch die ev. Kirche besucht in einem swr-Interview je in die protestantische Glaubensgemeinschaft eintreten zu wollen -„Geht beides“.
(www.youtube.com/watchv=TIBh_kKMPO4&ab_channel=SWR -28.5.2013, 24`18

Jüngst gab er in einem Interview mit der Lokalpresse an, „vor einigen Jahren“ übergetreten zu sein – als also in den Gremien absehbar war, daß er für das Amt des Kirchtagspräsidenten in Frage kommt ? Mit einem Wort: Hat der Mann auch den rechten Glauben und seit wann hat er die richtigen konfessionellen Papiere ? Oder hat Leyendecker ein eher taktisches Verhältnis zur evangelischen Kirche, das er mit einem Gelegenheitsübertritt besiegelte ? Ein schaler Geschmack bleibt zurück.

„Links schreiben, rechts leben“

Bislang hat sich Leyendecker – als Investigativ-Journalist mußte er sich vorwiegend mit sulfurösen Personen (Dienstgeheimnisbrecher, Parteienverräter, Akten-und Datendiebe) befassen – nur widersprüchlich zu den Motiven seines Bekenntniswechsels ausgelassen. Ein Besuch der Kirchentage seit 1975, wie er in diversen Interviews wiederholt als Beleg für sein „Evangelisch-Sein“ anführt, mag wohl kaum dafür herhalten. Nur zu gut paßt das Nebulöse seiner Biographie zu seinem Lebensmotto: „Links schreiben, rechts leben.“

In Redebeiträgen über den evangelischen Glauben ( www.youtube.com) überzeugte er bislang kaum durch Festigkeit in evangelischen Werten, eher durch einen Mix aus Bergpredigt und Allgemeinplätzen. Im Sommer 2018 legte der Kirchentagspräsident im NDR-Interview eine öffentliche Beichte ab, in der er sich dazu bekannte : „Ich war ein Hai“.

www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/medienpolitik/ZAPP-Leyendecker-Interview,zappleyendecker100.html).

Wir Evangelischen kennen Buß-und Betgottesdienste, auch den Buß-und Bettag, nicht jedoch die öffentliche Radiobeichte. Soll nun ein „ Ex-Hai“ unser Vorbild sein, zu dem wir aufsehen sollen, weil er mit Enthüllungen Regierungs-und Parteienverantwortliche aus dem Amt brachte, nun aber vor Mikrofonen dafür um Verzeihung heischt ? Ein aufrechter Protestant redet anders.«

Soweit die Zitate aus dem Papier, das laut meiner Quelle nur an die Mitglieder des Kirchentagspräsidiums bzw.- vorstands  sowie an Ulf Poschardt, Chefredakteur der Welt, gegangen ist.

Mein Informant schrieb mir:

»Natürlich rege ich mich als „Lutherische(r)“ über die Mogelpackung auf, wenn man als Katholik, dem offenbar ein prominentes Ämtchen im Ruhestand winkt, dann noch schnell in die andere Kirche übertritt. Es wäre was anderes, wenn Leyendecker, der wohl seit vielen Jahren mit einer Protestantin verheiratet ist und mit ihr die Kirchentage besucht, wie er im Internet bei Interviews gerne berichtet, ganze Sachen machte: sich zu seinem bisherigen Glauben bekennen und mit ganzem Herzen der Ökumene verschreiben. Aber dann kann man halt wohl nicht Evangelischer Kirchentagspräsident werden…. »

Die Autoren des Papiers schreiben noch:

»P.S.: Alle aufgeworfenen Fragen und Vorwürfe sind belegt und belegbar. Wir bitten jedoch um Verständnis dafür, wenn wir wegen befürchteter Repressalien in unseren Einrichtungen derzeit den Schutz der Anonymität suchen.«

Ist es degoutant, sich »anonymer« Quellen zu bedienen?
In diesem Fall: nein! Alle aufgeführten Sachverhalte über und zu Leyendecker sind nicht nur bei »investigativer« Recherche a la Leyendecker zu erhalten. Alles ist den Verantwortlichen im Kirchentagspräsidium oder den Vorständen bekannt.
Bei der sattsam bekannten Stimmung in Deutschland hinsichtlich der Meinungsfreiheit von »Abweichlern« und der zu erwartenden Sanktionen, ist die »Namenlosigkeit« der Verfasser verständlich.
Auch mein Informant, der mir das Papier hat zukommen lassen, will und muss geschützt bleiben.

„Kommt es evtl. zu einer MeToo-Kampagne bei dem Glaubensfest?  Das könnte spannend werden!  – meint nicht nur mein Informant.

 

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