„Mani pulite“ und „Tangentopoli“

In Österreich und Deutschland

Unter „Mani pulite“ (italienisch für „Saubere Hände“, sinngemäß „Weiße Weste“) verstand man die umfangreichen juristischen Untersuchungen gegen Korruption, Amtsmissbrauch und illegale Parteifinanzierung vor allem gegen die Democrazia Cristiana und die PSI (Partito Socialista Italiano) in Italien Anfang und Mitte der 1990er Jahre.
Mit „Tangentopoli“ war „Stadt der Schmiergeldzahlungen“ gemeint und bezog sich aufgrund des Ausgangs der Ermittlungen vor allem auf die Stadt Mailand.
Die Untersuchungen mit zahllosen Verhaftungen führten denn fast unmittelbar zum Untergang der beiden hauptbetroffenen Parteien DC und PSI.

Droht nur der ÖVP mit Ex-Kanzler „Basti“ Kurz in Ösiland das gleiche Schicksal? Die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) der Alpenrepublik ermittelt gegen Kurz und seinen engsten Kreis aus der ÖVP: man habe sich mit manipulierten Umfragen und Inseraten die wohlwollende Berichterstattung eines einflussreichen Boulevardblattes erkauft, und dies auf Kosten der Steuerzahler. Kurz hat die Konsequenzen gezogen/ziehen müssen und ist zurückgetreten. Das „System Kurz“ ist jedoch noch nicht in Gänze beseitigt und die ganze ÖVP kann in den Strudel getogen werden. Wien als Tangentopoli?

Auch der hiesigen „christlichen“ Partei, der CDU, hat man schon das Schicksal der DC vorausgesagt. Die Schwarzgeldaffäre von 1999 mit den Kriminellen Helmut Kohl, Wolfgang Schäuble, Walter Leisler-Kiep u.a. hatte damals noch nicht dazu geführt, die CDU in die Bedeutungslosigkeit zu bringen, trotz der hernach verlorenen Wahl. Auch die aktuellen Korruptionsfälle mit den Maskendeals prominenter Unionsmitglieder und Abgeordneter waren nicht angetan, der Union den Todesstoß zu versetzen. Der durch die letzte Wahl bestätigte Absturz ist eher dem Taktieren und der heillosen Politik der letzten Unions-Kanzlerin und eines schlappen Kanzlerkandidaten geschuldet.

Der christlich-konservative Sozialphilosoph Günter Rohrmoser schrieb bereits 1999*:

„Die Democrazia Christiana und die ÖVP gingen oder gehen zugrunde an dem, was man Profillosigkeit, Identitätsverlust nennt. Sie sind beide Opfer ihres sogenannten Pragmatismus, sie sind geistig verödet und politisch ausgelaugt. Reif, begraben zu werden oder ihnen wenigstens für ihre unbezweifelbar großen Verdienste in der Vergangenheit ein geruhsames Plätzchen im Altenheim der Geschichte zu gönnen. Die Geschichte droht, über sie hinwegzugehen. Das kann auch der CDU so ergehen, wenn auch auf anderem Wege. Man kann sich auch zu Tode siegen, nämlich dann, wenn man taktisch stets gewinnt, aber die entscheidende strategische Schlacht verliert.
Eine solche strategische Entscheidung ist, nachdem sie 1990 und 1994 durch die Wiedervereinigung und die Orientierungsschwierigkeiten der SPD hinausgeschoben wurde, 1998 gefallen. Die CDU wurde von einer linksliberalen Mehrheit abgelöst und findet sich ohne Koalitionspartner in der Opposition wieder. Die Geschichte offenbart nun, daß sich in der CDU längst zwei Parteien gebildet haben: eine der rechten und eine der linken Mitte. Diese Parteien wurden nur durch die Gratifikationen zusammengehalten, die mit der Beteiligung an der Regierungsmacht verbunden waren.
Sollte die CDU tatsächlich ein schwarz-grünes Reform- und Zukunftsmodell anvisieren, kann man bereits heute prognostizieren, daß dieses Modell nur geeignet ist, den Marsch auf dem Weg zu beschleunigen, dessen Endstation die Schwesterparteien in Italien und Österreich bereits erreicht haben oder doch, was die ÖVP angeht, bedenklich nähern. Ein wesentlicher Teil der traditionellen Wählerschichten der CDU wird diesen Weg nicht oder nur eine kurze Strecke mitgehen.“

Es ist soweit!
Es ist so gekommen, wie G. Rohrmoser prophezeite. Und es wird keinen Weg zurückgeben, auch wenn sich die CDU „personell und programmatisch“ erneuern möchte, wie dies jetzt im Stundentakt beschworen wird.


*Günter Rohrmoser: Kampf um die Mitte – Olzog Verlag München, 1999

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