Der mächtige Burggraf Friedrich VI von Nürnberg aus der Familie der (Hohen)Zollern war 1415 bzw. 1417 Markgraf und damit Kurfürst von Brandenburg geworden. In der Mark ließ er sich aber von 1426 bis zu seinem Tode 1440 nicht mehr sehen. Er machte seine Politik lieber in Franken und von Franken aus. Was wäre wohl passiert, wenn sich die Hohenzollern auch in späterer Zeit so verhalten hätten?
Die Regierungsgeschäfte in der Mark nahm elf Jahre lang Friedrichs ältester Sohn Johann wahr. 1437 wurde er von seinem Vater abberufen. Vorbei war es mit der Hoffnung, die Nachfolge als Kurfürst und Markgraf in allen fränkischen und brandenburgischen Besitzungen der Zollern anzutreten. Zuletzt ging Johann gänzlich leer aus, denn am Ende seines Lebens besaß er nur noch den Titel „Markgraf“, aber kein Land. Selbst das ihm verbliebene Kulmbach beherrschte schon seit 1457 sein jüngerer Bruder Albrecht „Achilles“ von Ansbach aus.
Die Hausgeschichtsschreibung der Hohenzollern belegte Johann mit dem Beinamen „der Alchimist“, vielleicht um die merkwürdigen Umstände seiner Entmachtung zu kaschieren. Einem Alchimisten hätte man doch das zukunftsträchtige Haus Hohenzollern nicht anvertrauen können!
War Johann ein Versager? War eine Intrige im Spiel? Seinem Bruder Albrecht Achilles durfte man einiges zutrauen. Der offizielle Grund für das Ausscheiden Johanns war das Fehlen eines männlichen Nachkommen. Vater Friedrich löste das Problem mit einem raffinierten juristischen Trick, indem er die Herrschaft seinen vier Söhnen „zur gesamten Hand“ hinterließ. So war der Fortbestand des Hauses auf alle Fälle gesichert. Johann war ein treuer Sohn und ein noch treuerer Verfechter der Interessen seines Hauses. So muckte er nicht auf, als ihm von seinen Brüdern nach und nach alle Macht entzogen wurde. Zum Schluss führte er auf Schloss Scharfeneck bei Baiersdorf und auf Schloss Cadolzburg ein beschauliches Leben. Dort pflegte er seine Hobbys einschließlich der Alchimie.
Johann, der Markgraf ohne Land, war aber cleverer als man vermutet. Er hatte nämlich Geld. Woher es kam, bleibt sein Geheimnis. Damit unterstützte er seinen Bruder Albrecht Achilles bei dessen politischen Eskapaden. Insgeheim pflegte Johann aber auch gute Beziehungen zu Albrechts Hauptfeindin, die Stadt Nürnberg. Die Reichsstadt stellte ihm sogar eine Stadtwohnung. Das hinderte Johann nicht daran, weiterhin seinen militanten Bruder Albrecht zu finanzieren. Schließlich wurde die Bruderliebe so teuer, dass Johann sich sogar verschulden musste. Johann tat dies im Vertrauen, in der Alchimie doch noch Glück zu haben: Irrtum und Pech für Gläubiger und die Erben!
War Johann der Alchimist nun ein Scharlatan, ein politischer double-player, ein entmachteter und ausgenützter lieber Verwandter oder alles zusammen? Wir werden es nicht erfahren. Vermutlich war er nur der Urvater aller Aussteiger. Sein Privatleben war ihm mehr wert als Macht und Ehre. Welch ein moderner Mensch!
J.H.