Beatrix von Courtenay, Cousine eines Königs und einer Königin von Jerusalem, – wie kommt ein so illustres Geschöpf auf die Burg Bodenlaube bei Bad Kissingen?
Die Antwort ist einfach: Aus Liebe, denn sie heiratete in Palästina, etwa im Jahr 1205, den Besitzer der Burg, den Minnesänger Otto von Botenlauben. Otto war kein armer Poet sondern der prominenteste Vertreter des mächtigen Hauses Henneberg. Beatrix war eine gute Partie, nämlich die Erbin einer der größten Besitzungen im Königreich Jerusalem, der „Seigneurie de Joscelin“ im Raum Akkon. Ihr Vater Joscelin III von Courtenay, Titulargraf von Edessa, hatte sich diese „Seigneurie“ auf recht dubiose Weise zusammengerafft – als Trost für die seiner Familie verloren gegangenen Grafschaft Edessa.
Im Guten wie im Bösen, vor allem aber im Bösen, ist die Geschichte der Familie Courtenay auch die Geschichte der Kreuzfahrerstaaten im Heilgen Land. Joscelin I von Courtenay, ein brutaler und gerissener Haudegen, Kreuzfahrer der ersten Stunde, wurde durch seine Machenschaften Herrscher des Kreuzfahrerstaats Edessa. Sein Sohn Joscelin II war das genaue Gegenteil des Vaters. Geschwächt durch Tisch und Bett verlor er die Grafschaft Edessa wieder an die Seldschuken. Joscelin III von Courtenay erbte von seinem Vater und seinem Großvater alle schlechten Charaktereigenschaften und sonst nichts. Joscelin III war ein hochrangiger Unruhestifter. Im Verein mit dem kongenialen
Rainald von Châtillon, einem hochadligen Raubritter, brachte er es dazu, dass Sultan Saladin die Geduld verlor und das Kreuzfahrerheer in der Schlacht von Hittim vernichtete. Die katastrophale Folge war der Verlust von Jerusalem. Die Kreuzfahrer mussten ihre Hauptstadt nach Akkon verlegen.
Durch die Heirat an das Erbe der „Seigneurie de Joscelin“ gekommen, machte Otto das einzig Richtige: Er verkaufte alles an den Deutschen Orden und zog sich mit seiner Frau und dem Verkaufserlös nach Kissingen zurück. Im Heiligen Land hätte er sich wegen der Seigneurie ein Leben lang mit Prozessen herumschlagen müssen. Die Sache hat noch eine delikate Seite, die so recht zum Charakter der Familie Courtenay paßt: Beatrix war nicht Alleinerbin der Seigneurie, sondern hatte eine Miterbin, eine jüngere Schwester. Diese Schwester ging bei der Transaktion fast leer aus und hatte keine Chance, von Palästina aus in Deutschland zu ihrem Anteil am Verkaufserlös zu kommen.
Daheim machte Otto Karriere als Dynast, Minnesänger und vorbildlicher Familienvater. Otto und Beatrix wurden fromm, stifteten das Kloster Frauenroth und opferten zuletzt dem religiösen Armutsideal ihrer Zeit Hab und unrecht Gut. Die übrigen Henneberger waren geschockt, denn der große Besitz ging an die politische Konkurrenz in Franken, den Bischof von Würzburg.
J.H.