Salz, die Kaiserpfalz Karls des Großen, lag in oder bei dem heutigen Bad Neustadt an der fränkischen Saale, wo genau, das weiß man nicht. Dass Kaiser Karl hier öfter gewesen ist als in Würzburg, lässt heute noch das Herz der Lokalpatrioten schneller schlagen. Man fragt sich aber, was der große Kaiser hier eigentlich getrieben hat.
Legende ist der Bericht, der Kalif Harun al Raschid hätte an den Hof des Kaisers in Salz einen Elefanten geschickt, der auf den – Karl-May-Lesern vertrauten – Namen „Abul Abbas“ hörte. Zwar schickte laut „Fränkische Reichsannalen“ ein persischer König einen Elefanten dieses Namens an Kaiser Karl, jedoch nicht nach Salz, sondern nach Aachen. Da die Pfalz Salz in den Reichsannalen zufällig ein paar Zeilen weiter genannt ist, erklärt sich der Ursprung der Legende.
Tatsächlich hat aber Kaiser Karl 803 eine Delegation des Kaisers aus Konstantinopel in Salz empfangen und eine Friedensurkunde ausgefertigt, also dort wichtige Staatsgeschäfte erledigt. Wegen der peripheren Lage der Pfalz Salz und der schlechten Zufahrt dorthin ist das schon verwunderlich. Man mag es einfach nicht glauben, dass Salz ein wichtiges Zentrum im Reich sein konnte.
Zwar musste sich Karl der Große hie und da auch in den Randgebieten des Reichs zeigen, damit die Lokalgrößen nicht aufmuckten. Die Tatsache, dass sich in Salz ein paar wichtige Straßen kreuzten, spricht aber nicht dafür, dass hier das natürliche Zentrum für die Beherrschung Thüringens und Frankens gewesen wäre. Die Pfalz Salz war viel zu abgelegen. Eine ganz andere Theorie meint, Salz wäre – wegen seiner abgeschiedenen Lage – ein idealer Ort für die Vorbereitung eines Überraschungsschlags gewesen bzw. ein noch idealeres Refugium beim Rückzug.
Des Rätsels Lösung findet man vielleicht in einer anderen Stelle der Reichsannalen (zum Jahr 790): „Um nicht den Eindruck zu erwecken, er sei im Nichtstun erschlafft und vertrödele die Zeit, fuhr der König zu Schiff den Main hinauf nach Salz, seiner Pfalz, die er am Fluss Saale erbaut hatte.“
Also doch ein Ort, wo man unbeobachtet war! Der König hatte offensichtlich ganz moderne „image-Probleme“, denen er in Salz, weitab vom Schuss, entfliehen konnte.
Und was trieb er wirklich in Salz? Er frönte dem Hauptvergnügen mittelalterlicher Herrscher, nämlich der Jagd. Der riesige und fast unberührte Salzforst, bis hinauf zum Kreuzberg in der Rhön, war ein Jagd-Eldorado, wie keine zweite Region im Reich. Und die diskrete Einsamkeit der Gegend verhinderte Rufeinbußen, wenn der Herrscher von Gottes Gnaden sich auch einmal anderweitig etwas gehen ließ.
J.H.