Braucht es noch „Literaturübersetzer“?

Am Beispiel von Wordsworth´s „Daffodils“und eigener Dummheit

Zur Vorgeschichte:
Vor nicht ganz einem Jahr veröffentlichte ich hier eine Hommage auf den englischen Dichter William Wordsworth (1770-1850) und dokumentierte sein berühmtestes Gedicht „Daffodils“ einschließlich einer deutschen Übersetzung. Diese fand ich im „WorldWideWeb“, erstellt durch den wohl berufsmäßigen „Literaturübersetzer“ Bertram Kottmann: https://gedichte.xbib.de/Wordsworth_gedicht_Narzissen.htm.
Nun flatterte mir doch tatsächlich wegen Verletzung des Urheberrechts eine Forderung dieses „Kulturschaffenden“ ins Haus. Ich hatte zwar das Copyright mit seinem Namen angefügt, ihn aber nicht vorher um Zustimmung zur Verwendung seiner Übersetzung angefragt und die Quelle nicht konkret angeben.
Ein Versäumnis, natürlich eine Dummheit meinerseits, die sich dann noch als „strafbewehrt“ erwies.
Nach unserem Schriftverkehr müsste ich Herrn K. nun auch noch dankbar sein, dass er zur Eintreibung seiner Forderung keine dieser halb-kriminellen Abmahn-Hyänen – er nennt es beschönigend „Fachanwalt“ – eingesetzt hat und mir und ihm größere Kosten und ganz gewiss beiderseitigen, größeren „Zoff“ erspart hat.
Danke, danke!
Und darum habe ich, kreuzbrav und gebefreudig 😉, wie ich bin, heute seine Forderung – nicht einmal richtig zähneknirschend 😬 – beglichen. Denn ich hoffe, es geht an einen möglicherweise darbenden Kulturschaffenden und er kann den Beitrag im Gegenwert von etwa drei ausgesuchten Paketen edler Weine meines fränkischen Lieblingswinzers vielleicht dieserart verwenden; oder nur sich 80 Flaschen eines billigen „Trollinger“ von einem Discounter in seinem Ländle reinjagen; oder was er auch immer damit machen möchte.

Ich dachte mir nun, was ist der schöpferische Mehrwert einer professionellen Literaturübersetzung, wie bei der anliegenden.

Hier das Gedicht im Original:

I wandered lonely as a cloud
That floats on high o’er vales and hills,
When all at once I saw a crowd,
A host, of golden daffodils;
Beside the lake, beneath the trees,
Fluttering and dancing in the breeze.

Continuous as the stars that shine
And twinkle on the milky way,
They stretched in never-ending line
Along the margin of a bay:
Ten thousand saw I at a glance,
Tossing their heads in sprightly dance.

The waves beside them danced; but they
Out-did the sparkling waves in glee:
A poet could not but be gay,
In such a jocund company:
I gazed–and gazed–but little thought
What wealth the show to me had brought:

For oft, when on my couch I lie
In vacant or in pensive mood,
They flash upon that inward eye
Which is the bliss of solitude;
And then my heart with pleasure fills,
And dances with the daffodils.

Nun mache sich der Leser die Mühe und klicke auf diesen Link: https://gedichte.xbib.de/Wordsworth_gedicht_Narzissen.htm, um eine mögliche literarische Großtat (vielleicht in der Tradition eines Wieland, Schlegel oder Tieck?) eines gegenwärtigen Übersetzers bewundern zu können. Oder auch nur ein „Schönquasselpapier“ wie mein Lieblings-Satiriker Ewald Seeliger so manches in der Literatur titulierte?

Nun habe ich dazu etwas ganz Frevlerisches getan: Ich habe das Gedicht online durch eine Übersetzungs-Software (https://www.deepl.com/translator) übertragen lassen – in billiger Konkurrenz zu der möglichen professionellen Machweise.
Hier das Ergebnis nach lediglich zwei, drei Wortumstellungen in einzelnen Sätzen:

Ich wanderte einsam wie eine Wolke
Die hoch über Tälern und Hügeln schwebt,
Als ich auf einmal eine Schar,
Ein Heer, von goldenen Narzissen sah;
Neben dem See, unter den Bäumen,
Flatterten und tanzten sie im Wind.

Ununterbrochen wie die Sterne, die leuchten
und funkeln auf der Milchstraße,
dehnten sie sich in unendlicher Reihe
Am Rande der Bucht:
Zehntausend sah ich auf einen Blick,
Wie sie ihre Köpfe in munterem Tanz wiegen.

Die Wellen neben ihnen tanzten,
doch sie übertrafen die glitzernden Wellen an Fröhlichkeit:
Ein Dichter konnte nicht anders als fröhlich sein,
In solch fröhlicher Gesellschaft:
Ich starrte und starrte, aber dachte nicht daran
Welchen Reichtum mir die Schau brachte.

Denn oft, wenn ich auf meiner Couch liege
In leerer oder nachdenklicher Stimmung,
blitzen sie auf in dem inneren Auge.
Das ist die Seligkeit der Einsamkeit;
Und dann füllt sich mein Herz mit Freude,
Und tanzt mit den Narzissen.

Ich Trottel, warum habe ich das damals nicht gleich gemacht: Nicht mehr als zwei Minuten Zeitaufwand und das Einarbeiten von zwei, drei Anpassungen in deutschem Syntax.

Wie sagte Joseph Beuys: Jeder Mensch ist ein Künstler – und das habe ich für mich ausgeblendet. Nur doch dieses Mal!
Die obige Übersetzung der „Daffodils“ – erscheint also exklusiv auf und von altmod: eine von „deepl“ und mir erbrachte „geistige Schöpfung“ und „künstlerische Leistung“ im Sinne von Beuys!

Quintessenz

Der springende Punkt nach meiner Erfahrung ist die Frage:
Braucht es noch oder überhaupt „studierte“ bzw. „schöpferische“ Literaturübersetzer –
Für elegische oder für schöpferische Nachdichtungen?
Lohnt es, dafür noch in die Tasche greifen zu müssen, oder ist das nur noch eine „mäzenatische“ Unterstützung eines zunehmenden Kulturproletariats?
Wie kann man „Schönquasselpapiere“ von professionellen Übersetzern und „Nachdichtern“ noch von echter Kunst unterscheiden?
Alles bald Beute der „Digitalisierung“?
Usw…

Da wird man noch daran arbeiten und nachdenken müssen.

Quelle: wikipedia-freigemein

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6 Antworten zu Braucht es noch „Literaturübersetzer“?

  1. Susanne Munder sagt:

    Bertram Kottmann ist ein Selbstdarsteller mit einem pathologischen Geltungsbedürfnis. Er ist sicherlich intelligent und gebildet, besitzt jedoch keinerlei Manieren und sehr schlecht Umgangsformen. Leider lassen sich viele Menschen von seinem aggressiv-frechen Vorgehen einschüchtern, dabei sind solche Leute wie Kottmann in ihrer Emotionalität wie kleine Kinder, welche stets um Aufmerksamkeit buhlen. Meine Freundin und ich haben längere Zeit für das von Ihnen angeführte Gedichtforum geschrieben. Er hat sich (immer unter falschen Namen und Ortsangaben) über manche Texte lustig gemacht, besitzt jedoch nicht den Schneid, sich zu seiner Boshaftigkeit zu bekennen. Erbärmlich! Wie er mit Ihnen verfahren ist, spricht wieder einmal für seine Abgehobenheit. Aber lassen Sie es gut sein. Irgendwann wird Mutter Natur das Problem von selbst lösen. Was glauben Sie wohl, wie ihn dieser Text ärgert! Na, dann kommt ja wohl bald ein ganzes Herr von „Fachanwälten“ auf mich zu. Hoffentlich entpuppen sie sich nicht als „Fachidioten!“

  2. Anonymouse sagt:

    Ich wusste gar nicht, dass man als Übersetzer ein Copyright auf seine Übersetzung haben kann. Man hat die Sprache ja nicht erfunden, sondern nur gelernt. Und schließlich sind Sprachen ein Allgemeingut. Wenn schon, dann müsste der Herr doch Tantiemen an die Nachfahren des Dichters zahlen. Immerhin hat er sich an dessen geistigen Eigentum und an deren Erbe vergriffen.

    Ich denke, es wird besser sein, nichts mehr zu verlinken. Selbst wenn es kostenlose Werbung für das jeweilige Medium ist – ich traue den Rechten dbzgl. nicht weniger zu als den Linken. Zitate sind aber noch ohne Einverständniserklärung erlaubt, oder ?

  3. Anonymouse sagt:

    Es ist wirklich nicht mehr feierlich :

    https://politikstube.com/afd-politikerin-kontert-gruene-hassrede-gerrit-huy/

    Wer diesen Chaos-Bundestag noch als seinen Interessensvertreter wahrnimmt, muss seit Jahrzehnten als linker Schläfer fungiert haben. Nicht mal mehr die Redezeit wird akzeptiert. Der/die Bundestagspräsident/in hat hiernach eine Statistenrolle, die Ordnungsrufe nur mehr nach rechts erlaubt. Mehr Hass und Hetze gegen den politischen Gegner geht nicht. Ich erwarte in Bälde eine Massenschlägerei oder eine aus den linksgrünen Reihen gezückte Waffe.

  4. Anonymouse sagt:

    Ein SZler konterkariert sich selbst :

    https://www.juedische-allgemeine.de/politik/zivilisten-sind-zivilisten-auch-in-gaza/?utm_source=pocket-newtab-de-de

    Zitat : „Sie haben sich nicht ausgesucht, an diesem VON ALLEN GUTEN GEISTERN VERLASSENEN ORT geboren zu werden.“
    Kein Wort über die Kinderopfer Israels, die es sich auch nicht ausgesucht haben, von diesem „von allen guten Geistern verlassenem Ort“ Gaza gemetzelt zu werden.
    Kein Wort über die Mütter und Väter Gazas, die voller Stolz verkünden, dass ihre Kinder im Glauben an den „Friedensgott“ Allah erzogen werden und in Gaza keinen Meter weichen werden. Sie stellen sich als freiwillige lebende Schutzschilde vor die Hamas und haben nicht den geringsten Skrupel ihre Kinder dafür einzusetzen.
    Wie bei uns, haben solche Leute wie der Autor, Blut ihres eigenen Volkes an den Händen, denn sie verhindern die Vernichtung seiner Mörder. Und die Kinder dieser Mörder, werden die Mörder ihrer Kinder sein.
    Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass die Jüdische Allgemeine SEINEN Kommentar veröffentlicht.

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