Warum eigentlich nicht links?

Ach, wie würde ich mich wohlfühlen.
Wie damals zu meiner extremen Sturm- und Drang-Zeit, bevor ich Verantwortung übernehmen wollte und musste.
Jetzt, nicht mehr erwerbstätig, ohne Verpflichtungen im Beruf, für Kunden und Mitarbeiter!
Da könnte ich doch Stunden bei den Demokratie-Verstärkern, Fernsehen und Rundfunk verbringen und mir das Infotainment von Hayali bis Plassberg reinziehen. Ohne dass Brechreiz in mir hochkommt!
Aufklärerische „Features“ des Deutschlandfunks würden mich intellektuell aufmuntern.
Ich könnte mich durch sonntäglichen Tatort-Genuss durch Crime und Sex von werktäglichen Gedanken ablenken lassen, dabei mich in gesinnungskonformer Aufhellung auf die Woche vorbereiten.
Wieder Freude an theologischer Erbauung finden und gebannt den Ausführungen von adretten Pastorinnen beim Wort zum Sonntag folgen.
Die Gespräche mit der gutmenschlichen Ehefrau wären nur von Harmonie geprägt und nach Begegnungen mit deren/unseren Bekannten würde ich hinterher nicht mehr Beißspuren an der Zunge gewahr werden müssen.
Ich könnte wieder frei von der Leber sprechen und argumentieren, habe ich doch ein geschultes Gedächtnis für das, was man sagen darf.
Kein schlechtes Gewissen mehr, weil ich die hiesige Pfarrerin nicht mehr als dummschwatzende Schnepfe ansehen würde/dürfte.
Ich bräuchte keinen Gedanken daran verschenken, dass ich unter Gesindel oder braunem Dreck eingeordnet werden könnte.
Wie gut das Bewusstsein, dass letztendlich an unserem Wesen die Welt genesen wird.
Ich könnte mir doch wieder die Frankfurter Sonntagszeitung abonnieren und mir sonntags wunderbare Stunden der Erbauung und Selbstvergewisserung gönnen.
Ich wüsste mich auf der Seite des sozialen und demokratischen Fortschritts und bräuchte mir keine defätistischen Gedanken mehr über Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit in unserem Lande machen.

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Eine Antwort zu Warum eigentlich nicht links?

  1. Wie sagte unser Lehrer in der Volksschule immer:
    „Selig die Bekloppten, sie brauchen keinen Hammer mehr.“

    Gespräche der anderen Art meide ich mittlerweile. Bring eh nichts.
    Wer´s nicht merkt, der wird es eines Tages merken.
    „Leichte Schläge auf den Hinterkopf fördern das Denkvermögen“, manche brauchen halt einen stärkeren und wenn gar nichts hilft kommt der Hammer, dann aber ist es zu spät für für den trägen Geist.
    Aber aufgepasst, nicht von mir kommen diese mehr oder weniger starken Schläge, sie bringt das Leben. Das Leben, wie die Natur, ist unbarmherzig und zwingend.

    Lassen wir sie fortschreiten und dem Fortschritt huldigen. Wissen sie doch nicht wohin sie schreiten und haben so wenigstens ein bisschen Hochgefühl. Hauptsache Fortschritt, wohin ist egal.

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