Der Bundespräsident und unser „Schwarz-Rot-Gold“

 

Der Bundespräsident Frank Walter Steinmeier hat zum 9. November im Bundestag eine Rede gehalten, die von der Presse enthusiastisch aufgenommen wurde. Er sagte unter anderem:

„Der Nationalismus vergoldet die eigene Vergangenheit, er suhlt sich im Triumph über andere“, ….
„Wer heute Menschenrechte und Demokratie verächtlich macht, wer alten nationalistischen Hass wieder anfacht, der hat gewiss kein historisches Recht auf Schwarz-Rot-Gold.“

Steinmeier: Nationalisten haben kein Recht auf Schwarz-Rot-Gold

Steinmeier spricht vom „historischen Recht auf Schwarz-Rot-Gold.“, was er aber „Nationalisten“  abspricht.

Man sollte zunächst dem BuPrä einen Nachhilfeunterricht in Sachen Schwarz-Rot-Gold geben, was ich mal versuche.

Die Farben Schwarz-Rot-Gold wurden bereits im Hoch- und Spätmittelalter als Grundfarben des Reichsbanners des Heiligen Römischen Reiches verwendet. Im Hochmittelalter und dann im Spätmittelalter ab 1410 bis 1806: schwarzer doppelköpfiger Adler mit roten Waffen auf gelbgoldenem Grund. So erkennbar im großartig gemalten Reichsbanner von Albrecht Altdorfer.

Ein weiterer Ursprung der Farben Schwarz-Rot-Gold liegt in den Befreiungskriegen 1813 gegen Napoleon, nämlich bei den Uniformen des Lützowschen Freikorps. Zur Popularisierung hat sicher die Tatsache beigetragen, dass die Farben die gleichen wie die der Reichsfahne im Heiligen Römischen Reich waren.
Die Losung lautete damals:

 „Aus der Schwärze (schwarz) der Knechtschaft durch blutige (rot) Schlachten ans goldene (gold) Licht der Freiheit.“ 

Mit der Schwarz-Rot-Goldenen Fahne zogen erstmals die Teilnehmer zum Hambacher Fest für nationale und demokratische Ziele. Die Inschrift im mittleren roten Teil „Deutschlands Wiedergeburt“ machte das Ziel der Beteiligten deutlich: die Errichtung eines deutschen Nationalstaates.


Auch in der Revolution von 1948 benutzte man die Fahne als Symbol im Kampf für einen deutschen Nationalstaat und eine deutsche Republik.

Der „nationalistische“ und Freiheitsdichter Ferdinand Freiligrath 1848:

Die Freiheit ist die Nation,
Ist aller gleich Gebieten!
Die Freiheit ist die Auktion
Von dreißig Fürstenhüten!
Die Freiheit ist die Republik!
Und abermals: die Republik!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Die Paulskirchen-Versammlung tagte unter dieser Flagge, bis sie 1850 als „antimonarchisch“ geächtet und verboten wurde.

 

Die nationale Einheit, als „kleindeutsche“ Lösung ohne das deutsche Österreich kam 1871 zustande. Unter den „kaiserlichen“ Nationalfarben Schwarz-Weiß-Rot.

Der BuPrä kennt vielleicht nicht den „Alldeutschen Verband“*, der für ein großgermanisches Mitteleuropa eintrat und am 9. November 1918 (!) in einem Aufsatz in seinen „Alldeutschen Blättern“ klar die Farben Schwarz-Rot-Gold präferierte: 

„Die Geburtsstunde Großdeutschlands naht! […] Jubelt den alten schwarz-rot-goldenen Farben zu! Schmückt wie Wien eure Häuser mit den schwarz-rot-goldenen Fahnen, tragt Schleifen und Bänder Schwarz-Rot-Gold und zeigt aller Welt von Aachen und Königsberg bis Bozen, Klagenfurt und Laibach, daß wir sind ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennend und Gefahr.“

Heinrich Heine wusste noch nichts vom Alldeutschen Verband, aber er hat vielleicht einiges für sich antizipiert, als er 60 Jahre zuvor schrieb:

„Doch als die schwarz-rot-goldene Fahn,
Der altgermanische Plunder,
Aufs neue erschien, da schwand mein Wahn
Und die süßen Märchenwunder
Ich kannte die Farben in diesem Panier
Und ihre Vorbedeutung:
Von deutscher Freiheit brachten sie mir
Die schlimmste Hiobszeitung.“ 

Für Heinrich Heine, dem Anti-Nationalisten, Sozialisten, Franzosenfreund und Kultur-Deutschen war diese Flagge ein rückwärtsgewandtes Symbol. 

Das hat aber die Väter von Weimar nicht abgehalten, Schwarz-Rot-Gold, die ganz alten Reichsfarben, für die erste konstituierte deutsche Demokratie anzunehmen.

Sie wurden nach der Katastrophe des schwarz-weiß-roten „Tausendjährigen Reichs“ die Farben der „freiheitlich, demokratischen“ Bundesrepublik.
Aber auch die des zweiten Unrechtsstaates auf deutschem Boden, der kommunistischen DDR.

Die Flagge Schwarz-Rot-Gold lässt sich in vielfältiger Weise gestalten – oder auch verunstalten.

 

Hat Angela Merkel also recht getan, als sie in der Wahlnacht 2013 ihrem damaligen Generalsekretär Hermann Gröhe in verstörender Weise die Deutschland-Fahne – ja, so heißt sie – aus der Hand riss und verächtlich wegwarf.

War/Ist Gröhe ein Nationalist, wie er unter das Verdikt des Mannes im Bundespräsidentenamt zu fallen hat? Ein Alldeutscher? Musste er vielleicht deshalb seinen Generalsekretärsposten räumen.
Lassen wir das…

 

Bleibt immer noch die Frage, wer sind eigentlich die Adressaten des BuPrä in seiner Ansprache zum 9. November?
Wer sind die „Nationalisten“, denen er den Zugriff auf die Farben der Nationalfahne absprechen möchte.
Wer eigentlich „suhlt sich im Triumph über andere“?
(Nebenbei: Wer sich in gleicher Rede über die Verrohung von Sprache beklagt, sollte selbst seine Wortwahl empfindlich stellen.) 

Also, wer sind die Nationalisten? 

Deutsche Fußballfans, wenn sie lautstark einen Sieg über das „perfide Albion“ oder die „Käsköppe“ feiern und dabei schwarz-rot-goldene Fahnen schwenken? Sind wir nicht vierfacher Weltmeister? Und dann hat da uns zuletzt doch der „Erbfeind“ ausgestochen.
Nein, FWS sucht mit Eifer etwas, was er nicht finden kann: Weder bei der abgewrackten NPD, noch unter den Prodromen eines zum Popanz aufgeblähten „Nationalsozialistischen Untergrunds“.
Die AfD möchte sich nach Steinmeier aber wohl dafür anbieten. Und diese wohl irregeleiteten Pegida-“Marschierer“.
Kann man im AfD Programm oder in den Reden ihrer Politiker „Deutschland, Deutschland über alles“ herauslesen? Wohl nein. Eher nach innen bezogene und notwendig gewordene Selbstbescheidung.
Weil ein provokanter Funktionär der AfD mit der Nationalfahne auf der Hose bei Anne Will auftrat? (Merkel persönlich konnte ihm ja damals diesen „Fetzen“ nicht wegreißen.)

Wenn sich heutzutage jemand in (moralischer) Überlegenheit „suhlt“, dann sind es allenfalls diese deutschen, grünen Umwelt-Großmeister und -Vorkämpfer, an deren deutschem Wesen nun wieder die Welt genesen soll.

Steinmeier beendete seine Rede mit dem Satz: „Es lebe unsere Demokratie.“ 

Welche Demokratie meint er? 

Die noch in unseren Köpfen existierende von 1948 bis etwa 1999?

Oder diese neudeutsche Demokratie seit Anfang des neuen Jahrhunderts mit der aggressiven Ächtung des Konservativen; dem ausgerufenen „Kampf gegen Rechts“; der anschwellenden linken Gesinnungsschnüffelei unter dem Diktat der political correctness; mit den neuen Formen von Zensur – nicht nur mit einem „Durchsetzungsgesetz“; mit dem Straßenterror einer von der Politik gehätschelten und losgelassenen neuen Sturmabteilung namens „Antifa“; mit der öffentlichen, lautstarken und oft gewalttätigen Stigmatisierung und Bekämpfung „falschen“ Gesinnungs- und Wahlverhaltens.
Diese inzwischen überwiegend auf Schuldkultivierung und Hypermoral beruhende negative Konsens-Demokraktie unter der Diktatur von linken Medien, Kirchen und Zentralkomitees, mit einer Stimmung wie Mehltau, die das öffentliche Leben überzogen hat?

Schwarz-Rot-Gold steht symbolisch für Einigkeit und Recht und Freiheit. Zum Schluss dazu einige aktuell erklärende Sätze:

Einigkeit 

In einer Demokratie gehört das sich Austauschen und Verhandeln mit dem Volk dazu; auch und gerade mit denen, die vielleicht abweichender Anschauungen sind.

„(Die) Ansprüche an das uns Einende vor Augen, wird schnell klar, wie weit wir uns derzeit von jener Einigkeit entfernt haben, nach der zu streben doch ratsam wäre. Gewaltlosigkeit beim politischen Streiten ist nicht länger selbstverständlich. Politisches Andersdenken und Anderswollen wird vielfach gehandhabt wie eine Gunst, die bei Wohlverhalten gewährt wird, nicht aber wie ein Recht, das dem des Gegners aufs Bekämpfen des Andersgesinnten schlicht vorausgeht. Und die Menschenwürde dessen, der einer politisch, kulturell oder rassistisch verachteten Gruppe angehört, ist in unserem Land auch nichts mehr, was frag- und klaglos geachtet würde.“

sagte der Politologe Werner Patzelt am 3. Oktober in Leipzig.

Recht

Papst Benedikt XVI. hat einst in seiner Bundestagsrede 2011 Augustinus zitiert:
‚Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande’.

Dass sich unsere Regierenden – und Steinmeier gehörte auch zu dieser „Exekutive“  – nicht nur in der Flüchtlingsfrage vom Rechtsprinzip verabschiedet haben, ist ihnen von kompetentester Stelle bescheinigt worden: Die politischen Entscheidungsträger ließen Staatsorgane wie Polizei und Justiz bislang erodieren und durch die bedingungslose Öffnung der Grenzen hat die Bundesregierung den Rechtsstaat außer Kraft gesetzt.

Freiheit

Dazu nochmals Werner Patzelt:

„Und vor allem darf die Festlegung, Beschilderung und Sicherung (von) Grenzen des moralisch oder politisch Korrekten nicht so erfolgen, dass hinter dem ehrbaren Gesamtanliegen ein selbstsüchtiges Ausgehen auf diskursive und politische Stellungsvorteile spürbar wird. Leider gibt es in diesen Jahren durchaus Anlass zur Sorge, dass wir uns diesbezüglich weniger Freiheit leisten, als wir sie haben könnten und haben sollten.“

 

In dem oben verlinkten Kommentar schrieb Heribert Prantl im Schluss-Satz:

„In den Jahren nach 1918 ist so vieles falsch gelaufen. Es darf nicht nochmals falsch laufen. Die Demokraten dürfen sich nie mehr einschüchtern lassen.

Ja Heribert, da stimme ich zu: Lassen wir Demokraten uns nie mehr einschüchtern, nicht von einem amtierenden Bundespräsidenten oder von Macht-Bütteln in den Medien wie Heribert P.

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*Alldeutscher Verband, eine polit. Organisation, die 1891 als Reaktion gegen den angeblich für Deutschland nachteiligen Helgoland-Sansibar-Vertrag unter Mitwirkung von A. Hugenberg und C. Peters ge gründet wurde, anfangs Allgemeiner Deutscher Ver band, seit 1.7.1894 A. V. genannt. Der A. V. setzte sich für die Belebung des deutschen Nationalbewußtseins, die Förderung des Deutschtums im Ausland sowie eine dynamische Außen-, Flotten- und Kolonialpolitik ein. Obwohl der A.V. der Form nach überparteilich war und Anhänger in verschiedenen Parteien besaß, geriet er immer mehr in das Fahrwasser rechtsradikaler Strömungen. Hierzu trug der von ihm vertretene völ kische Gedanke, der auch von antisemit. Untertönen nicht frei war, ebenso bei wie die Vorstellung eines von den Deutschen zu beanspruchenden >Lebensraumes< und eines großgerman. Mitteleuropas. Seit der Marokkokrise von 1911 bekämpfte der A. V. (geführt 1893 bis 1908 von E. Hasse, danach von H. Class) immer heftiger die Politik des Reichskanzlers v. Bethmann Holl weg unter Mithilfe bes. des Großadmirals v. Tirpitz. Im 1. Weltkrieg wurden annexionistische Forderungen erhoben. Publizist. Organ waren die „Alldeutschen Blätter“. Zum demokrat. Staatswesen der Weimarer Republik stand der A. V. in scharfem Gegensatz, verlor indes seine frühere Bedeutung. Da er in vieler Hinsicht als Vorläufer des Nationalsozialismus gelten konnte und mit diesem manche Programmpunkte gemeinsam hatte, fiel der A.V. dem Ausschließlichkeitsanspruch der NSDAP erst im Frühjahr 1939 durch Verbot zum Opfer. Einige Mitglieder standen später der Widerstandsbewegung nahe.

Quelle: Brockhaus Enzyklopädie 1966

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Eine Antwort zu Der Bundespräsident und unser „Schwarz-Rot-Gold“

  1. David sagt:

    Was soll man von einem wie Steinmeier auch schon erwarten. Ausgewogenheit? Aufrichtigkeit? Wahrhaftigkeit? Nachdenklichkeit? Gar Geschichtskenntnisse jenseits irgendwelcher Ideologien? Oder wenigstens das Bemühen darum?

    Nein, wie immer bei ihm: Absolute Fehlanzeige. Nur demagogisches Ggequatsche, das er von sich gibt. Man könnte es in guten Teilen auch als Hetze bezeichnen.

    Und so was ist Bundespräsident. Eine absolute Fehlbesetzung.

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