(K)Ein Traumberuf: SPD-Vorsitzender

Ein Update

Aus aktuellem Anlass ist es Zeit, die von mir verfasste Auflistung (zuletzt vom Januar 2017) zu ergänzen und eine neue (?) Einschätzung zu treffen.
Stand September 2018

Quelle: Screenshot bei Berliner Zeitung

Wolfram Weimer schrieb 2009 bei achgut: „Es gibt Aufgaben, die wünscht man nicht einmal seinem Feind: Trainer bei Hertha BSC, Fliege bei Obama, Zahnarzt beim weißen Hai oder Vorsitzender der SPD…“

Betrachten wir die Reihe der SPD-Vorsitzenden von 1946 bis heute.

Da war Kurt Schumacher (1946 – 1952), der letzte absolute Patriot der SPD, ein aufrechter Mann, der 12 Jahre durch die Hölle der Konzentrationslager ging. Einer der „Gründungsväter“ der Bundesrepublik. Konsequent in der Ablehnung einer Zusammenarbeit mit den Kommunisten. Er starb damals „im Amt“.

Während der Amtszeit von Erich Ollenhauer (1952 – 1963) wandelte sich die SPD mit dem Godesberger Programm zur Volkspartei. Wobei Erich Ollenhauer aber dabei nicht gerade die führende Rolle innehatte. Ich habe ihn kurz vor seinem Tod als Junge einmal persönliche erleben können. Er erschien mir, dem politisch noch unbedarften 15-Jährigen, wie ein guter Onkel, der irgendwo bei einer Behörde beamtet ist und Bleistifte spitzt. Kein bleibender Eindruck, aber eine wichtige Person für die junge Bundesrepublik. Er starb ebenfalls im Amt und wurde von Willy Brandt beerbt.

Willy Brandt (1964 – 1987) gilt als die herausragende Gestalt nicht nur der deutschen Sozialdemokratie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ich hielt ihn zwar im Vergleich mit anderen Politikern seiner Zeit für einen nicht wirklich guten Redner; aber trotz „schlechter“ Rhetorik bin ich ihm damals in manchem gefolgt. Im Amt als Bundeskanzler zeigte sich bald, dass sein gerühmtes Charsima für das Amt nicht ausreichend ist. In den ersten Jahren der sozial-liberalen Koalition wurden unter dem SPD-Vorsitzenden und Bundeskanzler Brandt Gesetzesvorhaben exekutiert, an denen unser wirtschaftliches und soziale Gefüge bis heute zu leiden hat. Nicht die Guillaume-Affäre führte zwingend zu seinem Sturz, sondern der Verlust an Realitätssinn im Überschwang der Reformvorhaben – bei bereits dräuendem Unheil in der Wirtschaft und den sozialen Sicherungssystemen. Herbert Wehner – über Brandt damals: „der Herr badet gern lau…“ – war dann Richter und Henker zugleich.
Brandt, der es verstand, mithilfe der schon linkslastigen Medien sich zu einer Ikone zu stilisieren, zeigte sich dann auch besonders wankelhaft. Er vollzog einen Linksruck und fiel dem angesehensten Kanzler, den die SPD je hatte, Helmut Schmidt, bei der Nachrüstungsdiskussion in den Rücken. Das führte neben wirtschaftspolitischen Konflikten zum Platzen der SPD-FDP-Koalition. Schließlich wollte Brandt als Vorsitzender den Genossen eine Generalsekretärin zumuten, die einen (griechischen) „Migrationshintergrund“ hatte (die spätere, ablegte Lebensgefährtin von Friedhelm Pflüger). So was wurde damals vom SPD-Parteivolk (noch) in keiner Weise goutiert. Brandt musste zurückrudern. Besonders verstörend erschien mir dann sein Kampf im Pakt mit der von der DDR gesteuerten „Friedensbewegung“. In negativer Erinnerung sind mir dabei seine Auftritte mit dem „Pietcong“ der SPD , Erhard Eppler zusammen mit den grölenden grün-linken und kommunistisch „friedensbewegten“ Massen bei der Hofgarten-Demonstration in Bonn. Zu der Zeit machte sich auch ein ganz besonderer „Enkel“ namens Oskar schon unangenehm bemerkbar.
W. Brandt hat sich beim Fall der Mauer in einer patriotischen Weise geäußert, die er vorher bei der „deutschen Frage“durchaus vermissen ließ und die niemand mehr erwartet hatte.

„Opa“ Willy wurde 1987 von Hans Jochen Vogel (1987 – 1991) abgelöst, der – so sagten böse Zungen – ein Charisma hatte, das seiner Vorliebe für Klarsichthüllen entsprach. An Vogel als Parteivorsitzenden erinnert sich heute kaum noch jemand.

Dann durfte endlich ein „Enkel“ ran.
 Björn Engholm (1991 – 1993), ein Pfeifen-zutzelnder Schnullermund und Schöngeist aus Schleswig-Holstein, der beim Lügen ertappt und daraufhin in die partei- und bundespolitische Wüste geschickt wurde:
  Untergang eines „Hoffnungsträgers“.

Mit Rudolf Scharping (1993 – 1995), dem Enkel Nr. 2, hatte die SPD wieder kein Glück. Wo hat es das gegeben, dass ein Vorsitzender dieser so großen Partei, wie die SPD, mit einer einzigen demagogischen – zugegeben fulminanten – Rede eines zunächst nicht als Widersacher erkannten „Parteifreundes“ auf einem Parteitag von jetzt auf gleich aus dem Amt gejagt wurde. Rudolf wurde dann auch noch wegen lascher Pflichterfüllung als Verteidigungsminister nach Pool-Spielchen mit einer Gräfin von einem weiteren Parteifreund, seinem Kanzler Gerhard Schröder, als Minister (zurück)getreten.

Der Demagoge und Populist, der Scharping zu Fall brachte, war der Enkel Nr. 3: Oskar Lafontaine (1995 – 1999). Nicht nur nach meiner Meinung das Obera..l…ch der SPD in den letzten 40 Jahre. Sein Abgang 1999 – Schröder hatte nachgeholfen – wurde von vielen Genossen als entwürdigend und beleidigend für das Amt, die SPD, angesehen; war aber dem Salon-Bolschewiken, dem Rotwein- und Rotlicht-Freund durchaus gemäß.

Dann kam Enkel Nr. 4, Gerd Schröder (1999 – 2004). Der begnadetste Selbstdarsteller mit Mediengespür, den die SPD je an der Spitze hatte. Nur nicht begnadet als Parteivorsitzender.

Kanzler und Parteivorsitzender, das geht bei der SPD nicht gut (siehe Willy Brandt).

Gas-Gerd gab aus „taktischen“ Gründen an Franz Müntefering (2004 – 2005) ab. Münte, der alte Knorz, gab sich so, wie man es erwartet, wenn man an seine Heimat  Sauerland denkt. Münte qualifizierte sich gar als ein Entomologe (Insektenkundler) auf dem Thron des Vorsitzenden, indem er die „Heuschrecken-Metapher“ erfand.

Indem man mal wieder einen netten Kerl an der Parteispitze haben wollte, wurde der einstmalige Erfolgs-Ossi der SPD Matthias Platzek (2005 – 2006) ausgesucht. Platzek war aber zu nett und zu schwach zu sich und zu den vorhanden Problemen eingestellt und das musste in einem sekundäre Krankheitsgewinn im Rücktritt enden.

Nachdem es mit dem Erfolgs-Ossi nichts geworden war, holte man den letzten verbliebenen Erfolgs-Wessi unter den Ministerpräsidenten, Kurt Beck (2006 – 2008) aus Rh.-Pfl. Der biedere Elektromeister aus der Provinz erwies sich aber als nicht Metropolen-, heißt, nicht Berlin-kompatibel, wurde vom Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier als Problembär angesehen und in einer wenig feinen Intrige von seinen Genossen abgewickelt.

Den Retter in der Not sollte dann noch einmal der Heuschrecken-Schreck, die knorzige Eiche aus dem Sauerland, Franz Münterfering (2008 – 2009) spielen. Die sauerländische Eiche war aber schon unheilbar vom Eichenspinner befallen und musste schließlich gefällt werden.

Nach Willy Brandt war offensichtlich keiner in der Lage, dieses “schönste Amt der Welt – neben Papst” (F. Müntefering) SPD-würdig und mit nachhaltiger Wirkung für die Partei auszufüllen.

“Die Rettung kommt aus den Bergen“ sagte einst Franz J. Strauß.
Aber diesmal nur aus einem Mittelgebirge. Der Harzer Roller, alias Sigi-Pop, der Glühbirnen-Killer und Atom-Terminator aus Goslar sollte es richten: Sigmar Gabriel (2009 – 2017)!
Wie heruntergekommen ist die SPD, dass sie auf diese Personalie angewiesen ist, fragte ich mich damals. Auf diesen feisten Mann, der so wenig sympathisch wirkt, einem eingebildeten Rüpel mit schiefem Mund.
 Wolfram Weimer bezeichnete ihn denn auch als den „Lothar Matthäus der Politik“. Was ich für unfair gegenüber “Loddar” Matthäus halte, denn der hat als Fußballer doch einiges geleistet.
S. Gabriel hat in der Bilanz bisher noch nichts Herausragendes zuwege gebracht. Gut, er war Ministerpräsident in Niedersachsen von 1999 bis 2003. Anschließend übernahm er das neugeschaffene Amt des „Beauftragten für Popkultur und Popdiskurs der SPD“ – kurz Popbeauftragter (Wie blöd ist das?). Von 2005 bis 2009 war er dann in der 1. GroKo Umweltminister, ab 2103 gar Wirtschaftsminister in der „Regierung Merkel“.
Jetzt ist er als Parteivorsitzender zurückgetreten und damit auch als Kanzlerkandidat abgedankt, wie die SPD-Postille „Der Stern“ exklusiv vermeldet. Der Rücktritt sei seine „Pflicht als Parteivorsitzender“, sagte Gabriel der Wochenzeitung. Weiter: „Wenn ich jetzt anträte, würde ich scheitern und mit mir die SPD.“
Die Entscheidung von Gabriel nötigt Respekt ab. Respekt vor der Einsicht eines Politikers (!) in eigene Schwächen und Unzulänglichkeiten, die sich in seiner Politikerkarriere angehäuft hatten.
Den „Unsympath“ nehme ich hiermit zurück!

Die ehemals große Volkspartei SPD, u.a. einst ein Garant für die Stabilität der Demokratie und des sozialen Gefüges in Deutschland, hatte solche Vorsitzende wie zuletzt nicht verdient. Wie auch die CDU nicht eine Merkel! Aber beide Parteien hatten schon vor langer Zeit begonnen, abzuwirtschaften, sich selbst zu zerlegen.
Vielleicht wird das von Gabriel bleiben: er hat sich aus Respekt vor der großen Tradition seiner Partei einsichtig zurückgezogen.
Was da nachkommt, verheißt nur noch Schlechteres. Es kommt nichts Besseres nach, sagt der Volksmund.

Martin Schulz (Januar 2017 – Februar 2018), Buchhändler, einstmals auch Bürgermeister von Würselen, dann Europa-Parlamentarier und zuletzt Präsident des Europaparlaments mit Ehrgeiz auf Höheres. Gott bewahre uns und die SPD vor „Kapo Schulz“, möchte man ausrufen. Wahrscheinlich darf ein Schulz bald die gute alte, schwer abgetakelte Tante SPD endgültig zur Ruhe tragen und hiernach hat sich vielleicht sogar ein Schulz doch um etwas verdient gemacht: SPD – R.i.P!

 

Nein, sie ruht nicht in Frieden, die SPD, sie bewegt sich: auf 10% und weniger der Wählergunst. Es wird wohl nur noch weiter nach unten gehen, in Abwandlung des Honecker-Zitats: „Aufwärts nimmer, runter immer.“

Dafür sorgt inzwischen Andrea Nahes  (seit Februar 2018).
Was ich eigentlich dem Sigi-Pop aus Goslar Kapo Schulzaus Würselen zugetraut hatte, wird nun wohl Andrea Nahles aus der Vulkaneifel exekutieren: den endgültigen Untergang der SPD.
Nach Namen ist Nahles die Nummer 26 der SPD-Vorsitzenden seit deren Wiedergründung 1890, Nummer 13 seit 1946.
„Basta und Testosteron hatten wir in den letzten Jahren genug.“  sagte A. Nahles am 13. November 2009 auf einem Parteitag in der Bewerbungsrede um ein erstes großes Amt in der SPD (Generalsekretärin).
Statt „Testosteron“ nun Wehen-Hormone, statt „Basta“ jetzt „Bätschi“.
„Die SPD wird gebraucht. Bätschi, sage ich dazu nur. Und das wird ganz schön teuer. Bätschi, sage ich dazu nur.“ Meinte Nahles am 7. Dezember 2017 über Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung.
Im Bundestag hat sie auch schon mal Kinderlieder angestimmt: „Ich mach‘ mir die Welt, widde widde wie sie mir gefällt.“ sang Pippi Nahles am 3. September 2013 im Bundestag mit Vorwürfen an die Bundesregierung).
Die Beherrscherin des Olfaktorischen: „Für die Leute machen wir das, verdammte Kacke nochmal.“ (am 5. März 2014 über die Rente mit 63) und
Ich rieche ihre Schwäche.“ (am 10. Dezember 2016 über CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel). 
Nahes steht für die SPD und ihr Programm: Einfalt statt Inhalt, Infantilität statt fortgeschrittener politischer Maturität.

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2 Antworten zu (K)Ein Traumberuf: SPD-Vorsitzender

  1. Karlspreis, mehra sog i ned.

  2. Die Sozis habe ich noch nie gemocht, weder als jugendlicher Rebell, noch im Erwachsenenalter und jetzt fang ich mir den Blödsinn auch nicht mehr an.
    Wenn sie untergehen sollten, dann geht uns gewiss nichts ab, auch früher wäre keine schmerzliche Lücke entstanden.
    Auf guad Neideitsch. Good bye Sozis and I hope they never come back.
    Auf Boarisch: Is ned schod drum, san guad weida.

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