„Aktion Eichhörnchen“

Bin ich „Prepper“, bin ich Staatsfeind?

Bildergebnis für Aktion Eichhörnchen

Leute meines Alters erinnern sich gewiss noch gut daran: 1961, am Höhepunkt des Kalten Kriegs, startete die Bundesregierung unter Federführung des „Bundesernährungsministeriums“ eine Aktion, in der alle Haushalte aufgerufen wurden, für den seinerzeit gar nicht so unwahrscheinlich gehaltenen, echten Krisen- oder gar Kriegsfall eine Notbevorratung anzulegen. Um die Aktion werbemäßig anzukurbeln, verwendete man das Eichhörnchen als Symboltier – und die „Aktion Eichhörnchen“ war geboren.

Meine Eltern und Großeltern waren Heimatvertriebene und sie hatten gelernt, in den Kriegs- und den ersten Nachkriegsjahren einem drohenden Mangel an Lebensmitteln und anderen lebensnotwendigen Gütern vorzubeugen und das zu organisieren. Da gab es in unserm Haus, schon bevor die Bundesregierung dazu geraten hatte, reichliche Vorräte an haltbaren Grundnahrungsmitteln und Eingemachtem, besonders auch Schmalzfleisch und Wurst. Man verließ sich nicht allein auf Elektrizität und Öl von den Saudis, sondern heizte Haus und Kessel auch mit Holz, geliefert von befreundeten Landwirten. Zur Zeit der Kuba-Krise legte mein Vater dann doch einen Vorrat von 1000 l Benzin an, gelagert in 2 Fässern hinter einem Verschlag in der Garage, damit der Opel-Kapitän auch in Notzeiten bei Bedarf bewegt werden konnte. Dieses Depot wurde denn bis zur ersten „Ölkrise“ 1973 nicht angegriffen!

Die Regierung war 1961 mit der allgemeinen Resonanz in der Bevölkerung aber nicht zufrieden, denn die Bundesbürger verschnabulierten trotz bereits abgeklungener Fresswelle die Vorräte lieber gleich.

Wie haben sich die Zeiten gewandelt!
Hielt man damals die Menschen zur Vorratshaltung an, geraten die aktiven Nachfolger der „Aktion Eichhörnchen“ – heute „Prepper“ genannt – schnell ins Visier staatlicher Schnüffelbehörden.

Prepper ist ein Begriff, der – woher wohl – aus den USA kommt. Er leitet sich von „be prepared“ = „bereit sein“ ab und bezeichnet „Personen, die sich durch Einlagerung von Lebensmittelvorräten, die Errichtung von Schutzbauten oder Schutzvorrichtungen an bestehenden Gebäuden, das Vorhalten von Schutzkleidung, Werkzeug, usw. auf Katastrophen oder Notfälle vorbereiten“.

Bei einer Anti-Terror-Razzia Ende August hatten Sicherheitskräfte in Mecklenburg-Vorpommern Wohnungen und Büros von sechs Preppern durchsucht. Zwei von ihnen wird nun die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat vorgeworfen. Man habe dort auch Waffen und Listen von „auszuschaltenden Personen“ gefunden, heißt es.
Und da kommt gar der Fall des „Franco A.“ ins Spiel.
Franco A. wird, nachdem ihn der Bundesgerichtshof kürzlich aus der Untersuchungshaft entlassen hat, jetzt vom Generalbundesanwalt unter anderem wegen der „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, illegalen Waffenbesitzes und Sozialbetrugs“ angeklagt. Laut Spiegel soll Franco A. enge Kontakte zur „Prepper-Szene“ gepflegt haben. Wohl u.a. ein Grund, dass diese „Szene“ jetzt ins Visier der „Staatsschützer“ geriet.
Glaubt man dem Spiegelbericht bzw. den Verlautbarungen der Innenminister tut sich da wohl ein „Abgrund von Staatsverrat und –gefährdung“ auf.
Fand man doch bei zwei Preppern Waffenvorräte und „Todeslisten“ mit den Namen u.a. von Ex-BuPrä Joachim Gauck und Wahrheitsminister Heiko Maas. Da den Preppern Nähe zu den „Reichsbürgern“ und anderen rechtsradikalen Organisationen – der Name NSU ist noch (?) nicht gefallen – nachgesagt wird, sollen diese nun verschärft ausgespäht werden.

Noch vor einem Jahr stellte die Bundesregierung ein neues Konzept für den Zivilschutz vor, in dem die Bevölkerung dazu aufgefordert wird, für den Katastrophenfall vorzusorgen. Das führte zu einem regelrechten Nachfrageschub in Deutschland im Sinne der Neuauflage einer „Aktion Eichhörnchen“.
Wie in dem berühmten Gedicht von Goethe wird nun anscheinend der Zauberlehrling Staat die Geister, die er rief, nicht mehr los.

Die neuen Eichhörnchen-Aktionisten sind außerdem aus einem anderen Grund hochgefährlich, denn sie seienl auch dem Milieu der Verschwörungstheoretiker zuzuordnen und informieren sich überwiegend bei einschlägigen Medien im Internet und dem hochverdächtigen Kopp-Verlag.

Es soll inzwischen einige Millionen Haushalte geben, die Krisenvorsorge betreiben und es befinden sich in Deutschland angeblich 20 Millionen unregistrierte Schusswaffen in privaten Händen.
Aber: „Schusswaffen machen nicht den Unterschied zwischen einem anständigen Bürger der Zivilschutz betreibt und einem gefährlichen Spinner. Den wahren Unterschied machen Persönlichkeitsstörungen, fanatische Ideologien und Fehlbildung“, heißt es in einem Blog zum Thema.

Krisenfall Survival: Es gibt 180.000 Prepper und Doomsdayer in Deutschland (Videos)

Zeit, dass ich mal Selbsterforschung betreibe: Bin ich „Eichhörnchen“ oder „Prepper“ – gar mit einer Persönlichkeitsstörung?
Wie schon angedeutet, besitze ich ein spezifisch deutsches Flüchtlings-Gen, unterfüttert mit Inflationsangst und libertärem Staatsmisstrauen. Meine Ehefrau ist ebenfalls genetisch Flucht- und Inflations-geschädigt und zudem mit der Andeutung einer „Persönlichkeitsstörung“ als Schnäppchenjägerin und rationeller Ressourcen-Verwerterin ausgestattet.

  • Vorräte:
    Inspektionsort Vorratskeller: Ich entdecke auf den ersten Blick mindestens zwei Dutzend Marmelade-Gläser – Jahrgang 1991 bis 2017; vier Dosen „Münchner Weißwurst“ a 450 g (Haltbarkeitsdatum 3/2018); 6 Dosen Heringsfilets in div. Saucen – zu meinem Bedauern nur noch 2 Dosen Ölsardinen o.H.u.Gr.; etwa 10 Packungen Hartweizengrieß-Produkte = Nudeln; 6 Dosen Pasta-Sauce; 2 Gläser Senf „Weißwurst“, 2 Gläser mittelscharf, 2 Gläser „Dijon“; Kapern, Mais, Kidney-Bohnen usw. Weitere Wurstkonserven (Schwartenmagen, Blutwurst etc.) will ich gar nicht aufzählen, habe ich doch kürzlich 3 kg Schweinefleisch zu fränkischer Bratwurst verarbeitet und „eingeweckt“. Zur Erklärung: ich war nicht nur Chirurg, sondern bin Sohn eines Metzgermeisters mit nahezu abgeschlossener Fleischerlehre und leidenschaftlicher Hobbykoch, der auch gern seine Produkte verschenkt.
    Soweit zu den eingelagerten Fressereien, wobei die Aufzählung tatsächlich nur einen kleinen Teil unseres Eichhörnchen-Kontingents umschreibt.
  • Geld und Gut:
    Ja, ich habe einen Teil meines Ersparten in Gold- und Silbermünzen angelegt; hoffe nur, dass ich im „Krisenfall“ dann noch an mein Schließfach komme! (Sowas machen und denken doch in einem Land, „wo man gut und gerne lebt“, nur noch Verschwörungs-Geängstigte und Krisen-Phobiker. Oder?)
  • Gesinnung:
    In meinem Bücherschrank entdecke ich sechs Bücher aus dem Kopp-Verlag (Thema: Kriminalität, Journalisten und Banken). Lächerlich gering unter mehr als 1000 Büchern insgesamt. Wobei mich der Anteil meiner „rechtsradikalen“ Literatur jetzt schon stutzig macht (von Boveri, Schrenck-Notzing, Jaspers, Gehlen, Nolte, Mohler, Spengler, Nietzsche usw.; viel Antaios und Karolinger, wenig Suhrkamp…).
    Dann liegt noch irgendwo in meinem Inventar mein Pfadfinderausweis herum mit dieser verdächtigen Losung „Allzeit bereit!“ = „Be Prepared“!
    Auf meinem Rechner hat sich zahlloser politisch-rechter Unflat gegen Autoritäten wie Merkel, Maas, Roth und Tauber usw. angesammelt. Zum Glück führe ich keine echten „Todeslisten“ – und über Facebook kann man mich auch nicht rechtsradikalisieren.
  • Waffen:
    Meinen geerbten Flobert zum Verballern von Vogeldunst und 9mm-Rundkugeln (die können schon ein Loch in einen Aggressor reißen) habe ich vor Jahren meinem Bruder überlassen, der ihn gegen antike Comics verschacherte. Aber dann besitze ich als „beinahe-Metzger“ und Hobbykoch etwa 15 superscharfe Messer von 10 bis 30 cm Klingenlänge, eine ungemein scharfe Fiskas-Axt, einen geschenkten Baseballschläger aus Esche und irgendwo im Haus liegt noch ein mit Capsaicin (Pfefferspray) bestückter „Dog-Chaser“ unserer jüngsten Tochter herum.

Darob ist die Gefahr, dass ich von irgendeiner empfindsamen Vollzugskraft nicht nur als harmloser Prepper, sondern als „Gefährder“ bzw. „Doomsdayer“ eingestuft werde, durchaus gegeben.
Was mache ich denn, wenn mir wegen meines losen Mund- und Blog-Werks eine Hausdurchsuchung wegen Politikerbeleidigung droht?

Ach was, sch… drauf!
Jetzt schicke ich mal diesen Beitrag ab, dann gehe ich gleich in den Keller, um noch unsere gehorteten Asia-Nudelsuppen und eingeschweißten Dauerwürste zu zählen; unter dem Gesichtspunkt, ob sie nicht nur für ein exzeptionelles Krisenszenario ausreichen würden.
Gewiss – so weiß ich jetzt schon – muss ich mein Weinregal wieder mit einer größeren Anzahl Cabernets, Merlots oder „Primitivos“ auffüllen, denn die verbrauchen sich infolge täglicher Katastrophenmeldungen doch zu rasch in zu kurzer Zeit.

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5 Antworten zu „Aktion Eichhörnchen“

  1. PeWi sagt:

    Ich hoffe doch, dass auch ein so richtig blutiger (ohne Blut ist lahm) Egoshooter sich auf Ihrem PC befindet. Schließlich muss geübt werden. 😉

  2. Bravo, gut geschrieben. Hinzu gezählt werden können noch Gartler, Kleintierhalter, jede Art von Selbst- oder Teilversorger aus dem eigenen Garten, Mitglieder von Schützen-, Jagd- und Fischereivereinen.
    All diese Leute gehören einem suspekten Personenkreis an.

  3. Pingback: Woanders gelesen: „Aktion Eichhörnchen“ – Bin ich „Prepper“, bin ich Staatsfeind? | Deutsche Ecke

  4. KW sagt:

    Gut geschrieben. Erinnert alles an mich selber. Bin auch so ein „Ewig-Gestriger“ böser Mensch, mit einigen Kopp-Verlagsbüchern, Vorräten aller Art, Dreschflegel-Samen und Eigenanbau (muß noch üben, die Blüten von Gurken und Zuccini haben die Schnecken gefressen, die Tomatenernte war übersichtlich, aber es geht weiter), einer impertinenten und bösen Wochenzeitung als Abo, derzeit Sütterlinschrift übend und Verachtung für derzeitige Politik und Politiker habend. Richtig, eine Waffe kann alles mögliche werden, modern sind derzeit wildgewordene LKWs und andere Automobile. Und ja, mein Stollen ist dieses Jahr genial geworden und die Pfefferkuchen oberlecker, obwohl ich keine Erfahrung hatte. Klar, daß wir Klebers Nachrichten nicht sehen. Jeder an seinem Platz möge so weitermachen. Wir sind auf dem richtigen Weg. Man muß sich nur einmal das Personal im Buntentag ansehen,, dann sieht man, von welchen Geistesgrößen wir regiert werden, peinlich.

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